Zum Inhalt: Ein Zentrum der Inszenierung bilden die drei Brüder der Familie Incandenza: Hal, Wörterbuchwunder und hochtalentierter Schüler an der Enfield Tennis Academy, sein älterer Bruder Orin, Punter beim American Football Team der Arizona Cardinals, und der körperlich schwer behinderte Mario, leidenschaftlicher Radiohörer und Filmemacher. Dazu treten Figuren wie die verschleierte Radiomoderatorin Joelle Van Dyne, Mitglied in der Liga der rüde Verunstalteten und Entstellten, und der ehemalige Dieb und medikamentensüchtige Don Gately aus dem Drogenentzugszentrum Ennet House. Wie alle Figuren stehen sie schutzlos vor ihrem Leben. Einige leiden unter Depressionen, einige unter Alkohol-, Sex- oder Schmerzmittelsucht, viele sind einem unerbittlichen Leistungszwang ausgesetzt. Sie werden gepanikt von Sorgen, von der Angst etwa, in der Trauertherapie durchzufallen, oder bloßes Mobiliar der Welt zu sein; sie geben dabei nie auf, sie kämpfen gegen das dauernde Gefühl, in einer dunklen Innenwelt zu stecken, beschämt, verirrt und eingesperrt.
Mit: Jasna Fritzi Bauer, Sebastian Blomberg, André Jung, Ursina Lardi, Heiko Pinkowski und Devid Striesow
Wer eine der raren Gelegenheiten nutzen kann, wird virtuose Promis vom Kaliber einer Jasna Fritzi Bauer, eines Sebastian Blomberg, einer Ursina Lardi oder eines Devid Striesow dabei erleben, wie sie eine Nummernrevue von Entwurzelten, Beschädigten und Depressiven aufführen. Das Publikum begleitet die einzelnen Kabinettstückchen glucksend. Wie Simon Strauß in der FAZ aber zurecht einwandte, geraten manche Slapstick-Einlagen zu sehr zur „Selbstkarikierung“ der Schauspielstars, so z.B. die Szene als Sebastian Blomberg als Vogel mit Herzattacke in den Whirlpool von Orin Incandenza (Devid Striesow) stürzt.
Schon in der ersten Hälfte, die mit einem starken Monolog von Jasna Fritzi Bauer als verschleierte Radiomoderation Joelle van Dyne von der „Liga der rüde Verunstalteten und Entstellten“ endet, schleichen sich einige Längen in die Szenen ein, die Lensing gemeinsam mit Thierry Mousset und Dirk Pilz aus dem 1.500 Seiten-Roman herauspräpiert hat, ein. Heiko Pinkowski bringt es bei einem Wutausbruch als Don Gately bei einem Entzugs-Treffen im Ennet House auf den Punkt: diese Aneinanderreihung entgleister Lebensschicksale, die von unmotivierten Qualmszenen begleitet werden, wird auf die Dauer „egal“.
Komplette Kritik auf Das Kulturblog
Thorsten Lensing inszeniert Teile von Unendlicher Spaß
6 years ago
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Kritik
''Der Abend behält trotz der sich am Roman orientierenden episodenhaften Inszenierung durchaus seine Spannung und erlebt seinen komödiantischen Höhepunkt kurz vor der Pause, wenn Devid Striesow als Orin mal wieder mit Hal telefoniert, wobei sich Ursina Lardi im Zehennagelzielwurf übt, während Sebastian Blomberg eine Vogel darstellt, der schließlich tot in Orins Whirlpool landet. Auch nach der Pause glänzt das Team Blomberg/Striesow noch in weiteren komischen Szenen wie einem Umarmungsslapstick bei den Anonymen Alkoholikern. Ansonsten konzentriert sich das Geschehen nun auch mehr auf die Suchtklinik. Heiko Pinkowski ist ein begnadeter Don Gately, ein leidender Fleischberg, der um seine Seele ringt, den Zugang zu Gott oder den Gefühlen seiner Patienten aber nicht findet und am Ende angeschossen die Schmerzmittel aus Angst vor dem Rückfall verweigert.
Hier weist der Roman durchaus religiöse oder gar mythische Bezüge auf. Ist Pinkowskis Don der reine Schmerzensmann, dann ist Jasna Fritzi Bauer als cracksüchtige Mutter einer Totgeburt oder als verschleierte Madame Psychosis von der „Liga der absolut rüde Verunstaltetem und Entstellten“, die die Männer nicht ihrem Blick aussetzen will, Schmerzensfrau und Medusa zugleich. „Selig sind die körperlich Armen.“ Ob nun Drogensüchtige oder privilegierte Tennisschüler, alle Figuren sind hier in ihrer Angst vor Nähe, dem Zulassen von Gefühlen oder davor nicht zu funktionieren, gefangen. Thorsten Lensing zeigt dieses Anderssein aber nicht ausschließlich als Makel, sondern als liebenswerten Tick. Ein sehr körperbetontes Spiel, das mit seinen relativ einfachen Theatermitteln und vor allem seinen tollen DarstellerInnen zu beeindrucken weiß.'' schreibt Stefan Bock am 24. Februar 2018 auf KULTURA-EXTRA