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Deutsches Theater Berlin
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Edward II. Die Liebe bin ich

Bewertung und Kritik zu

EDWARD II. DIE LIEBE BIN ICH 
von Ewald Palmetshofer nach Christopher Marlowe
Regie: Jessica Weisskirchen 
Premiere: 5. Oktober 2023 
Deutsches Theater Berlin 

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Zum Inhalt: Edward II. ist nach dem Tod seines Vaters Thronfolger des englischen Königreiches. Doch anstatt sich dem Staatswesen und dessen Angelegenheiten zu widmen, holt Edward II. seinen Geliebten Gaveston aus dem Exil an seine Seite zurück, überschüttet ihn mit Aufmerksamkeit, Begehren und vor allem mit Liebe – und bringt damit Adel, Staat, Kirche und seine eigene Frau, Königin Isabella, gegen sich auf. Also holt sich Isabella Rat bei Lord Mortimer und schmiedet mit ihm einen Plan. Die hochadligen Peers befeuern die Intrige in der Hoffnung, dass Politik und Staat in ihre vermeintlich rechtmäßige Ordnung zurückfallen. Und währenddessen scheint die militärische Bedrohung aus Frankreich für England immer akuter.

Der österreichische Dramatiker Ewald Palmetshofer hat Christopher Marlowes posthum erschienenes Königsdrama überschrieben, verknappt und mit seiner radikal-poetischen Sprache verdichtet. Er verlegt das Schlachtfeld der Geschichte ins Private und setzt die Liebe absolut.

Regie: Jessica Weisskirchen
Bühne und Kostüme: Günter Hans Wolf Lemke
Choreografie: Hannes-Michael Bronczkowski
Dramaturgie: Christopher-Fares Köhler
Künstlerische Produktionsleitung: Julia Plickat

4.0 von 5 Sterne
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Starke Setzung: der höfische Intrigenstadl wird zum Fetisch-Club
1 Jahr her.
Kritik

Das ehrwürdige Deutsche Theater gets kinky. Bühnen- und Kostümbildner Günter Hans Wolf Lemke verwandelt die kleine Box in einen Fetisch-Sex-Club voller Eisenketten. Die Spieler*innen tragen Leder und Lack, genderfluide Röcke und andere exzentrische Kreationen, mit denen sie an der KitKatClub-Tür keinerlei Probleme haben dürften, beim Premierenpublikum am DT aber mehrfach für Raunen sorgen.

Beeindruckend ist die Konsequenz, mit der das künstlerische Team diese Produktion bis ins kleinste Detail durchzieht. Vom Knebel der Königin Isabella (UdK-Absolventin Mathilda Switala) über das Spanking des Intriganten Mortimer (Max Krause) bis zu den Hundemasken und Dogtraining-Leinen, an denen er und die beiden Peers (Katrija Lehmann, aus Graz mitgekommen, und Jonas Hien, neu vom Schauspielhaus HH nach Berlin gewechselt) über die Bühne gezogen werden, fehlt kaum ein Accessoire aus der phantasievollen Welt des Soft-SM.

Dieses für ein Staatstheater überraschende Setting dient dazu, die eine, sehr eindeutige These des 100minütigen Abends zu illustrieren: der Hof von König Edward (Jens Koch, aus Karlsruhe ans DT gewechselt) ist ein Intrigenstadl, in dem jeder gegen jeden kämpft, nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Alle gieren nach Sex und Macht. Die toxische Spannung aus Lust, Konkurrenzkampf und Unterwerfung gelingt am besten in den Duellen zwischen dem jungen Liebhaber Gaveston (Lenz Moretti) und seinem schärfsten Rivalen Mortimer (Krause).

Die beiden taxieren sich mit Blicken und bedränken sich in Nahkampfduellen. Wie die Regisseurin und ihr Bühnenbildner arbeiten sie erstmals am Haus. Moretti, Sohn des Burgtheater- und Fernsehstars, kommt frisch von der Schauspielschule ins DT-Ensemble. Krause machte seine Ausbildung in München, trat an Lilienthals Kammerspielen und zuletzt auch in Zürich in Choreographien von Trajal Harrell auf und überzeugte in den vergangenen Jahren mehrfach in tragenden Rollen in den ARD-Sonntagskrimis „Tatort“ und „Polizeiruf 110“. Mit seiner Mischung aus lauernder Aggressivität und Verletzlichkeit ist er eine sehr gute Besetzung für diesen Theaterabend und hoffentlich noch öfter auf Berliner Bühnen zu sehen. Hier wirkte er bisher nur in einer Volksbühnen-Installation von Susanne Kennedy mit.

Zum Kritikpunkt, dass die Rollen der Intrigant*innen austauschbar seien, sich die Figuren nicht entwickelten und sich alles in einem großen Intrigen-Knäuel verknote: Genau das ist die Grundidee und Kernaussage des Abends: hier sind alle gleich verkommen und nur nach noch mehr Sex und Macht aus. Man kann kritisieren, dass diese Aussage nicht sehr komplex ist. Aber diese These zu bebildern, ist dem sehenswerten Abend auf dem engen Raum der kleinsten Spielstätte geglückt.

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