Bewertung und Kritik zu
DIE SORGLOSSCHLAFENDEN, DIE FRISCHAUFGEBLÜHTEN
von Christoph Marthaler
Premiere: 29. Mai 2021
Deutsches Schauspielhaus Hamburg
Berlin-Premiere: 16. Mai 2022
Akademie der Künste am Hanseatenweg
Zum Inhalt: Es gibt neben dem Dichtergenie und neben dem Wahnsinnigen auch einen fast alltäglichen Hölderlin, der mit den Widersprüchen des Daseins kämpft, der sein Leben nicht im Griff hat und in seiner Verzweiflung Dinge zu Papier bringt, die uns in ihrer schlichten wenn auch manchmal paradoxen Einfachheit auf eine fast selbstverständliche Weise ansprechen und fesseln. Kein hoher Ton, keine Huldigung an das alte Griechenland und seine Götter und Held*innen sondern profanes Leiden, Ratlosigkeit und Überanstrengung sind dann seine Themen, trübe, voller Selbstzweifel und angewidert von den dumpfen Verhältnissen und stumpfen Mitmenschen und der Einsicht, selber auch nicht unbedingt besser zu sein. Auf der B-Seites des Lebens macht Hölderlin z. B. die Erfahrung, dass eine junge Dame (nicht Diotima), es ablehnt ihn zu heiraten. Er notiert dies sofort auf dem gleichen Blatt, auf dem er gerade noch eine seiner bedeutendsten Hymnen (»Mnemosyne«) entworfen hat:, „Und ledig soll ich bleiben“, und schickt gleich eine kleine Drohung an die Unwillige hinterher: „Leicht fanget aber sich, in der Kette, die es abgerissen, das Kälblein.“
Es Spielen: Josefine Israel, Sasha Rau, Lars Rudolph, Samuel Weiss Viola Da Gamba: Martin Zeller Klavier Und Clavichord: Bendix Dethleffsen
Regie: Christoph Marthaler
Bühne: Duri Bischoff
Kostüme: Sara Kittelmann
Licht: Annette Ter Meulen
Idee Und Künstlerische Beratung: Carl Hegemann
Dramaturgie: Malte Ubenauf