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Schaubühne am Lehniner Platz
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SPIELPLAN & KARTEN

My Little Antarctica

Bewertung und Kritik zu

MY LITTLE ANTARCTICA - (Komsomolsk am Amur/Lyon) 
von Tatiana Frolova/KnAM Theater
Premiere: 29. Juli 2019 - KnAM theatre Komsomolsk-on-Amur (Russland) 
Deutschland-Premiere: 24. April 2024 (Gastspiel FIND) 
Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin 

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Zum Inhalt: Komsomolsk am Amur, von der Taiga umgeben, im »Förderationskreis Fernost«: dem russischen Teil Ostasiens nahe dem japanischen Archipel. Hier dauern die Winter bis zu sechs Monate und die Temperaturen fallen auf bis zu minus 40 Grad Celsius ab. In diese von der Welt vergessene »kleine Antarktis« kehren Tatiana Frolova und ihr Kollektiv KnAM Theater auf der Bühne zurück, nachdem sie im realen Leben nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine, als Regimekritiker und Kriegsgegner bedroht, ins Exil nach Frankreich fliehen mussten.

Die offizielle Geschichtsschreibung behauptet, dass Komsomolsk in den 1930er-Jahren von einer Gruppe Freiwilliger der kommunistischen Jugendorganisation Komsomol errichtet worden ist. Die Gründung einer Metropole in der unzugänglichsten Region des Sowjetreichs als Sieg des Sozialismus und der Zivilisation über die Naturgewalten. Die Wahrheit ist eine andere. Tatsächlich entstand die Stadt als Teil des Straflagernetzes Gulag. Die heutigen Bewohner_innen kennen daher vor allem zwei Arten von Vorfahren: Gefangene und Wächter des Lagers. Opfer und Täter des Stalinismus. Doch bis heute schweigen sie darüber.

MIT: Dmitrii Bocharov, Tatiana Frolova, Vladimir Dmitriev, German Iakovenko, Ludmila Smirnova, Irina Chernousova
DOKUMENTARISCHES MATERIAL IN TEXT UND BILD, INTERVIEWS, ZEUG_INNENAUSSAGEN, AUTOBIOGRAPHIEN, DIE VON DEN KÜNSTLER_INNEN DES KnAM THEATER GESAMMELT WURDEN
ÜBERSETZUNG UND ÜBERTITELUNG: Bleuenn Isambard
TON: Vladimir Smirnov
VIDEO: Tatiana Frolova, Dmitrii Bocharov, Vladimir Smirnov
TECHNISCHE LEITUNG: Sylvain Ricci

3.0 von 5 Sterne
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Mix aus Comedy und Dokutheater über totalitäre, russische Kontinuitäten
7 Monate her.
Kritik

Komsomolsk am Amur, wo das Stück 2019 entstand, liegt im östlichsten Winkel Russlands, wie wir in einem Einspieler erfahren. 8.500 km von Moskau entfernt, fliegt man bis zur nächst größeren Stadt und macht sich dann mit dem Auto auf den Weg durch Sibirien, so dass eine Autopanne bei – 40 Grad lebensgefährlich werden kann, wie ein Spieler plastisch schildert.

Zu dem Zeitpunkt hat das Publikum aber schon einiges hinter sich: es startete mit Wladimir Putin vor großer Kulisse, der zum Tag des Theaters von der Größe russischer Kultur schwärmte, und sprang als assoziative Collage zwischen kleinen Comedy-Einlagen hinter Masken, eingespielten Märchensequenzen aus Hans Christian Andersens „Die Schneekönigin“ und viel Dokumaterial.

Munter mischt „My little Antarctica“ die Genres, springt zwischen den Zeiten von Lenin über Stalin bis in die Gegenwart hin und her. Mancher hübsche Einfall rauscht in den 100 Minuten vorbei, allein es fehlt in dieser Produktion des ersten freien Theaters, das 1985 zu Gorbatschows Perestroika und Glasnost-Zeit in der UdSSR gegründet wurde, eine sortierende, ordnende Hand.

Die Botschaft wird klar ausgesprochen: die Lage in Putins Russland ist noch schlimmer als zu Stalins Zeiten. Historische Vergleiche hinken immer, aber dass die Lage alles andere als rosig und hoffnungsvoll ist, ist unbestritten.

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