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Thalia Theater Hamburg
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SPIELPLAN & KARTEN

Legende

Bewertung und Kritik zu

LEGENDE 
Kirill Serebrennikov
Premiere: 17. August 2024 
Ruhrtriennale (Kraftzentrale, Landschaftspark Duisburg-Nord) 
Hamburg-Premiere: 30. November 2024 
Thalia Theater Hamburg (Übernahme ins Repertoire)

Zum Inhalt: LEGENDE erzählt von der Welt des ebenso berühmten wie im Westen nahezu unbekannten Filmregisseurs Sergey Paradjanov. Seine Werke, die unlängst auch den Weltstar Lady Gaga inspiriert haben, sind von faszinierender Vielfalt und surrealer Phantastik. LEGENDE ist dabei kein Biopic eines bedeutenden Künstlers. Bei Serebrennikov wird Paradjanov mit Poesie und Witz zur allegorischen Figur eines Künstlers, eines Dichters, eines Wanderers, eines Kämpfers, eines Rebellen. In zehn Legenden entsteht das Kaleidoskop seines Lebens zwischen Leidenschaft, Exzentrik, Schönheit und Unterdrückung, eingebettet in einen unendlich reichen Kosmos der Kulturen.

Sergey Paradjanov würde in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiern. 1924 in Tbilisi geboren, wuchs er in der Sowjetunion auf und rebellierte als Arthouse-Filmregisseur mit seinem Leben und seiner Kunst gegen Nomenklatura und Unterdrückung. Dafür bezahlte er mit Lagerhaft, Gefängnis und Berufsverbot. So unterschiedliche Künstler wie Fellini, Antonioni, Godard, Aragon, Kurosawa, Tarkowski oder Yves Saint Laurent schätzten ihn als Meister des poetisch-surrealen Kinos und haben sich, wenn auch vergeblich, für seine Freiheit eingesetzt. Paradjanov starb 1990 in Armenien, kurz bevor Georgien, Armenien, Aserbaidschan und die Ukraine, in denen er sich am meisten aufgehalten hatte, ihre Unabhängigkeit gewannen und die Sowjetunion zusammenbrach.

Mit Filipp Avdeev , Odin Lund Biron , Campbell Caspary , Pascal Houdus , Felix Knopp , Nikita Kukushkin , Svetlana Mamresheva , Karin Neuhäuser , Daniil Orlov , Falk Rockstroh , Gurgen Tsaturyan , Tilo Werner

3.5 von 5 Sterne
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Überlange Collage mit wenigen Glanzlichtern
3 Monate her.
Kritik

Vor allem in der ersten Hälfte mäandern die Tableaus allzu zäh und statisch. Das ziegelsteindicke Programmbuch erklärt auf mehr als 200 Seiten die Assoziationen zum Leben und Werk von Paradjanov, auf der Bühne will sich jedoch kein Sog einstellen. Das Ensemble formiert sich immer wieder neu zu surrealen Szenen, in denen berühmte Maler zum Leben erwachen oder eine Tote wiederaufersteht.

Drei der zehn „Legenden“ stechen heraus: unmittelbar vor der Pause eine sehr freie „Lear“-Adaption mit Nikita Kukushkin als Narr über eine Welt, die in Dunkelheit und Wahn versinkt. Hieran schließt sich ein tolles Gitarren-Solo von Campbell Caspary an, der „Hallelujah“ von Leonard Cohen singt und von der Meute bis auf das Skelett demontiert wird. Und natürlich ist es wieder mal Karin Neuhäuser, die einer Thalia-Produktion den Stempel aufdrückt: sie brilliert als launische „Traviata“-Diva, die allen anderen zeigt, wie man seinen Bühnentod angemessen zelebriert.

Doch jenseits dieser Kabinettstückchen bleibt viel Leerlauf. Thalia-Intendant Joachim Lux, der wie schon bei früheren Serebrennikow-Arbeiten an seinem Haus als Co-Dramaturg mitwirkte, wäre gut beraten, wenn er gemeinsam mit dem Regisseur die ursprünglich auf drei Stunden angelegte, auf vier Stunden ausfransende Inszenierung dem Hamburger Publikum ab November in einem „Director´s Cut“ vorstellen würde, wie Alexander Menden in der SZ vorschlug.

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1 von 1 Person(en) gefiel diese Kritik
Bildgewaltige Szenencollage
2 Tage her.
Kritik

''Als Nichtkundige/r bekommt man ein 210-seitiges Programmbuch zum Abend in die Hand, das neben dem kompletten Stücktext auch Erklärungen zum Hintergrund der einzelnen Szenen enthält und zumindest zur Nachbereitung des Abends recht empfehlenswert ist. Ohnedem dürfte man zuweilen etwas rätseln, wie König Lear, Walt Whitman, einige bekannte Maler wie Dürer, Delacroix oder Velázquez, Verdis La Traviata und anderes mehr zu Paradjanov passen. Bildgewaltig liebte es der Regisseur, der selbst Beerdigungen zu zelebrieren wusste, was gleich Thema in der ersten Szene ist. Hier erinnert sich Paradjanov (in den einzelnen Szenen wechselnd gespielt von Mitgliedern des Thalia Theater-Ensembles und der Kirill & Friends Company) an seine Eltern, die gern in die Oper zu Massenets Werther gegangen sind, wo der Vater stets beim Selbstmordschuss Werthers aus dem Schlaf erwachte. Danach kommt des Geschehen allerdings weniger gut in Gang, sodass es sich bis zur Pause szenisch vor allem beim Lear etwas zieht, wobei die musikalische Untermalung für einiges entschädigt.

Nach der Pause beginnt es mit der Legende vom Baum der Wünsche, bei der ein junger Barde Leonard Cohens Halleluja intoniert und von den Wunschgierigen erst entkleidet, enthäutet und schließlich als Gerippe selbst an den Baum gehängt wird. Diese leicht schwarze Komik und Ironie wohnt auch der Szene mit der alternden Diva und ihrem Regisseur inne, die einem zahlungswilligen Sammler selbst noch das letzte Wort und den letzten Wimpernschlag der Diva (herrlich hier: Karin Neuhäuser) für die Finanzierung ihrer aufwendigen Kunstprojekte verkaufen. Eigensinniger Junge oder Genie, da wird auch mal mit Händen und Füßen gemalt. „Kein besseres Opfer als die Jugend. Kein reicheres Opfer als der menschliche Körper.“ wird in der Legende vom Sieger zelebriert. Das könnte das Credo dieses bildgewaltigen Abends sein. Am Ende stehen alle nochmal nacheinander als „Greis“ zu Paradjanovs Lagererinnerungen auf der Bühne. Da schlägt selbst der Besen, mit dem der Gefängnishof gefegt wird, Funken und brennt. Ein Feuer für alle politischen Gefangenen, denen Serebrennikov hiermit huldigt.'' schreibt Stefan Bock am 1. Dezember 2024 auf KULTURA-EXTRA

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