Vor dem Hintergrund einer Idee von Eugène Labiche hat der erfahrene Drehbuchautor Hartmann Schmige hier einen Berlin-Comic vorgelegt, den Thomas Schendel auf der Bühne des Schlosspark Theaters inszeniert hat. Den Machern ist eine kurzweilige Handlung mit Lokalkolorit gelungen, die jede Menge aktueller Seitenhiebe serviert.
Nach durchzechter Nacht findet sich Rudi (Mario Ramos) im häuslichen Ehebett an der Seite von Paul (Oliver Nitsche) wieder. Nach dem ersten Schreck über das Zusammentreffen an dieser Stelle können sich beide nur noch erinnern, nach einem Galeriebesuch eine Bar aufgesucht zu haben. Außerdem ist da aber auch noch die dumpfe Erinnerung, einen Mord erlebt zu haben, von dem sie nicht wissen, ob sie ihn womöglich auch begangen haben. Rudi ist Jurist und Vertreter für Berufsunfähigkeitsversicherungen, Paul hatte das Catering für die Vernissage in der Galerie übernommen.
Dann nimmt Rudis Frau Hanna (Irene Christ) die Sache in die Hand. Es werden Spuren verwischt und neue gelegt, und einen Augenblick lang wird sogar versucht, den Hergang des einen Mordes durch einen zweiten zu vertuschen. Natürlich kommt auch der Kriminalkommissar Herr Knorr (Philipp Sonntag) ins Spiel, der eigentlich nur noch von seiner Frühpensionierung träumt und samt seinem Assistenten, Herrn Möller (Raimund Knoll) sich ohne große Begeisterung an die Lösung des Falles begibt. Im baufälligen Polizeigebäude, durch dessen Decke es ständig in aufgestellte Eimer tropft, ist aber die Genderbeauftragte Frau Mühle (Irene Christ) die heimliche Regentin, die mit Akribie darüber wacht, dass in sämtlichen Akten geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen verwendet werden - ein Zeit-Zeichen besonderer Art, das für amüsante Dialoge genutzt wird, die den partiellen Widersinn dieser Vorschrift bloßlegen.
Die Spurensuche vor Ort führt auch in die Bar von Rosi, die herrlich aufgedonnert von Anne Rathsfeld verkörpert wird. Sie spielt auch Frau Rauschenbach, die Galeristin, bei der René (Karsten Kramer) seine Skulpturen ausstellt. Kramer seinerseits ist auch auch der Penner Hotte, der seine Habseligkeiten in einem Einkaufswagen transportiert und sich als "Wohnungssuchender" titulieren lassen muss, auch wenn er keine Wohnung sucht, nur weil der Begriff "Obdachloser" inzwischen in Verruf geraten ist.
Am Ende stellt sich heraus, daß alles ganz anders war, wobei die Details hier nicht verraten werden sollen. Klar ist lediglich, dass dieses Finale etwas abrupt eintritt und keineswegs als Zusammenfassung mit Gesang gestaltet ist.
Das Bühnenbild mit seinen suggestiven Projektionen, die sich blitzschnell verwandeln lassen, stammt von Stephan von Wedel. Die präzise Musik-und Soundregie ist Philippe Roth zu danken.
Der Reiz der Aufführung liegt im geschickt eingesetzten Zeitbezug und in vielen kleinen schauspielerischen Sonderleistungen, die dem Premierenpublikum hörbar artikuliertes Vergnügen bereiten. Besonders die aalglatte Intensität von Mario Ramos und sein Slapstick-Kampf mit der Hose in der Ankleideszene zu Beginn bleiben ebenso in Erinnerung wie Philipp Sonntags ambivalentes Schwanken zwischen Berufsethos und Ruhestandssehnsucht. Aber auch die kumpelhafte Präsenz von Oliver Nitsche und die versierten Rollenwechsel von Irene Christ, Anne Rathsfeld und Karsten Kramer verdienen eine Hervorhebung.
Am Schluß Blumen und viel Beifall vom Premierenpublikum für alle Beteiligten.
Horst Rödiger
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