Bewertung und Kritik zu
ENJOY SCHATZ
von Jovana Reisinger
Regie: Sarah Kohm
Premiere: 27. Juni 2024
Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin
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Zum Inhalt: Es ist nicht leicht, als erfolgreiche Schriftstellerin ernst genommen zu werden. Vor allem, wenn man gerne trägt, was einem gefällt, lange Nägel hat und Glamour lebt. Man soll am besten bitte über das Frausein schreiben und sich dann brav anhören, dass man thematisch so begrenzt ist. Je weiblicher man aussieht, umso unwahrscheinlicher wirkt der schriftstellerische Erfolg. Ähnlich wie sexuelle Selbstbestimmung scheint man durch eine bestimmte Form von Weiblichkeit auch die künstlerische Legitimität aufzugeben. Erfolgreich im Beruf zu sein hilft beim Dating-Leben auch nicht: Zu viel Erfolg macht die Schriftstellerin als Frau verdächtig. Dabei sichert der Beruf nicht einmal so ab, dass man sich der Attraktion der wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem Ehemann komplett entziehen könnte.
»Enjoy Schatz« verfolgt die Erschaffung der Schriftstellerin durch sich selbst über vier Jahreszeiten hinweg – von den Hormon-Höhen des Frühlings über die Sommerschwere, die Melancholie des Herbstes und die emotionale Kälte des Winters. Dabei ist von Anfang an nicht klar, wer Schöpferin und wer Geschöpf ist, welche Schriftstellerin hier zwischen Schmetterlingen im Bauch und Liebeskummer, Buchpremiere mit Austern und nächtlichem Busfahren hin- und herpendelt. Ist es möglich, sich künstlerisch und sexuell selbst zu erschaffen, zu anderen und sich selbst aufrichtig zu sagen: »Enjoy, Schatz!«?
In Sarah Kohms zweiter gemeinsamer Arbeit mit Veronika Bachfischer nach »Erinnerung eines Mädchens« von Annie Ernaux steigt, wie die Venus, die Schriftstellerin aus der Muschel. Zwischen Künstlerin, Frau und Kunstfigur lernt sie zu performen, präsentieren und posieren. Zum Glück bleibt am Ende keine, wo sie ist, und die Bilder von Frau und Künstlerin treten in einen Prozess der ständigen, freudigen Verwandlung.