Kritik
Just, als ich mich bereit machte, den Abend endlich mal wieder mit einer leckeren Himbeerbowle und einem lockerleichten Sommerstück in der Komödie am Kudamm zu verbringen, kam sie endlich, die lang erwartete und herbeigesehnte Konfliktlösung. Das Theater und die Komödie am Kurfürstendamm werden nicht verschwinden. Sie werden für eine Weile (voraussichtlich) ins Schiller Theater umziehen. Und danach zurück an ihren angestammten Platz. Nur dann im Keller. Die historischen Theatersäle werden abgerissen, das konnte nicht verhindert werden. Und so betrachte ich diese Neuigkeiten mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Im Foyer der Komödie hängen Bilder des Theaters von 1924. Zu Berlin gehört Veränderung und Erneuerung zum Tagesgeschäft. Aber muss dafür wirklich immer alles andere weichen? Selbst ein Stück Stadtgeschichte? Nun ja – genug sinniert, zurück zum Stück!
Der Vorhang geht auf und es gibt erst einmal Applaus – für die Bühnendeko. Eine so schöne Bühne sieht man wirklich selten. (Bühne und Kostüme: Stephan Fernau ) Man fühlt sich prompt tatsächlich in ein idyllisches Sommerhäuschen in Frankreich versetzt!
Matthias ( Kai Lentrodt ) und seine Freundin Camille ( Lara Marian ) sowie deren kleiner Sohn Etienne wohnen hier. Auf Kosten von Matthias‘ Eltern. Er ist, das wird schnell klar, ein ziemlicher Hänger. Sympathisch, aber zugegebenermaßen ein rückgratloser kiffender Rumhänger. Als sein Bruder David ( Tobias Licht ) mit seiner Frau Lena ( Jana Klinge ) zum alljährlichen Sommerurlaub einreitet, rollt Matthias sich direkt auf den Rücken und zeigt den Bauch. Er überlässt dem arroganten und selbstherrlichen Bruder ohne Gegenwehr sein Zimmer und selbst Etienne muss das Feld räumen, ohne dass Matti viel dazu sagt. Camille hat dafür umso mehr zu sagen, sie nimmt kein Blatt vor dem Mund. David, der an die sanft-zurückhaltende Lena gewöhnt ist, die seine Schroffheit mit Freundlichkeit zu übertünchen sucht, ist vor den Kopf gestoßen. Als sich Lena auch noch verletzt und den Rest des Urlaubs auf Krücken verleben muss, scheint der Urlaub für alle gelaufen.
David piesackt Matthias wegen Arbeiten rund ums Haus, Lena sehnt sich nach Zuneigung und einem Baby, Camille versucht Rebellion in Lena hervorzurufen. Und irgendwie kann Matthias nicht so richtig wegsehen, wenn die hübsche Camille Yoga im Garten macht, auch wenn sie noch so eine aufsässige Emanze ist!
Es kommt, wie es kommen muss, die Emotionen kochen hoch und am Ende ist alles anders. Irgendwie. Oder doch nicht?
Tom Sommerlatte, auf dessen gleichnamigen Film dieses Theaterstück beruht, weiß, wovon er spricht. Immerhin ist er eins von nicht weniger als elf Kindern! Familiendynamik ist ihm also nicht fremd. Und das merkt man. Die Geschichte ist witzig, liebevoll und irgendwie erkennt man die Charaktere aus eigener Erfahrung wieder. Die vier Schauspieler passen perfekt in ihre jeweiligen Rollen, ob Matthias, das große Kind oder David, der herrschsüchtige Workaholic. Und die Damen, die devote Lena und die freche Camille, machen das Beziehungschaos perfekt. Eine lockerleichte Familiengeschichte mit Urlaubsfeeling, aus der man mit einem guten Gefühl im Magen und der Sehnsucht nach Sommer hinausgeht!
©Nicole Haarhoff