Zum Inhalt: Graf Luna nützt rücksichtslos seine politische Machtstellung, um eine Privatfehde gegen Manrico zu führen, wütet in Hass und Eifersucht gegen jeden, der seinen Zielen im Weg steht. Der unter Fremden aufgewachsene Troubadour Manrico ist ein Außenseiter, der sich durch seine Kunst Gehör verschaffen kann. Er bleibt hin- und hergerissen zwischen seiner (vermeintlichen) Mutter Azucena und der Geliebten Leonora, einer jungen Gräfin. Azucena reibt sich zwischen Racheversprechen und Schuldgefühlen sowie ihrer Mutterliebe zu Manrico, den sie als Rächer heranzieht, völlig auf. Leonora liebt Manrico trotz seiner undurchschaubaren Herkunft. Den Grafen Luna, der sie bedrängt, weist sie zurück und ist bereit, für Manrico ihr Leben zu geben.
Giuseppe Verdi liebte die Vielfältigkeit des Sujets, den Kontrastreichtum der Personen und Situationen, die Gutiérrez’ Schauspiel »El trovador« enthielt. »Il trovatore« beschwört exemplarisch Ausnahmesituationen und Konflikte herauf – Verdi führt die Gestalten an die äußersten Grenzpunkte ihrer Existenz: Liebe, Eifersucht, Hass, Rache – aber die Musik mit ihrer bebenden Dynamik erzeugt auch die Bilder von Scheiterhaufen, Parallelwelten der Clans, Zweikampf, Kloster.
Musikalische Leitung: Will Humburg Inszenierung, Bühne und Kostüme: Dmitri Tcherniakov Licht: Gleb Filshtinsky Chorleitung: Rustam Samedov
''Die zur Dame von Welt mutierte Zigeunerin Azucena (Marina Prudenskaya) versammelt die HauptprotagonistInnen des Troubadour-Personals im Salon ihrer spießigen Stadtwohnung, wo sie paar Dinge "von früher" zu klären oder aufzuklären sich bemüßigt fühlt. Hierzu verteilt sie Textbücher und lässt - mit dem Beginn der ab Takt eins original-akustisch zu vernehmenden Oper von Verdi - ihre Gäste ihre jeweiligen Rollen 1:1 oder als NebenrollenträgerInnen (Ines, Ruiz, alter Zigeuner, Bote) sozusagen nachsingen. Und wir erleben also rein akustisch das zu klingende Original, während zugleich und bis zum Schluss im Einheitsbühnenbild der Gruppentherapieversuch Tcherniakovs irgendwie nach einer geistigen Vollendung giert; und irgendwie strampeln sich alle in dem Sinne furchtbar unbeholfen ab, aber selbstredend ganz vergeblich. Nein, es will und will partout nicht klappen, weil das Unterfangen letztlich völlig sinnlos ist!
Denn der zum Supermacho aufgemotzte Conte di Luna (Scott Hendricks) hat die Versammlung plötzlich in seine Gewalt gebracht, sie als Gruppen-Geisel genommen. Und nachdem die völlig wirre und auch sinnlose Geschichte der zwei Librettisten Cammarano & Bardare durch das Hin- und Hergesinge in der ursprünglich als Gruppentherapie gedachten Sitzung leidlich und doch völlig unverständlich aufgedröselt, aufgelöst wurde, fuchtelte/fuchtelt Macho-Luna mit 'ner Knarre unaufhörlich rum und mäht bis zum Finale alles soweit nieder; und das Alles sieht dann aber immer noch sehr spießig und gemütlich aus, d.h. ein echtes schönes Opern-Blutbad findet hier rein äußerlich nicht statt, aber womöglich kannte Tcherniakov Funny Games von Haneke bis zu der Tatzeit nicht/noch nicht...'' schreibt Andre Sokolowski am 3. März 2020 auf KULTURA-EXTRA