Zum Inhalt: Astronauten und Kosmonauten, zwei Wörter, die einen Hinweis geben auf die Vergangenheit eines geteilten Landes. Der Autor Lukas Rietzschel entscheidet sich für Raumfahrer. Schwerelos, entwurzelt und ohne Verankerung in Zeit und Raum schweben die Figuren seines Romans. Kamenz, eine Kleinstadt in der Lausitz, schrumpft unbeachtet vor sich hin. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind eingestellt, Supermärkte schließen, Wohnblocks werden abgerissen. Was es noch gibt, ist ein Krankenhaus, der Arbeitsplatz von Jan. Jan ist Altenpfleger und schiebt dort regelmäßig „den Alten“ zum MRT. Eines Tages gibt der ihm einen Karton voller Dokumente.
Mit: Torben Appel, Sophie Bock, Sigrun Fischer, Markus Paul
Regie: Paula Thielecke Bühne/Kostüm: Jan Koslowski Musik: Mika Amsterdam Video: Max Kubitschek Dramaturgie: Franziska Benack, Lisa Mell
''Wir erfahren, dass Jans Vater der letzte Fischer der Zone ist, dass er getrennt von Jans Mutter lebt und dass die Mutter schwere Alkoholprobleme hat und dann später auch stirbt. Allerdings rauscht das am Publikum im klamaukig fröhlichen Schnelldurchlauf vorbei, dass man Mühe hat, die Zusammenhänge zu erkennen und eingebauten Rückblenden in irgendein Verhältnis zueinander setzen zu können. Dass es dem Autor vor allem auch um einen Vergleich der Nachwende- mit der Nachkriegsgeneration in einer erst durch den Krieg traumatisierten und dann durch den Strukturwandel nach der Wende gebeutelten Region geht, wird hier allenfalls nebenbei verjuxt. Jans Vergleich der Eltern mit in einer Zwischenwelt schwebenden Raumfahrern verkommt zum hyper-nervösen Theatersport ohne Bodenhaftung.
Das Interesse am Stoff und der Region, in der er spielt und in der die Regisseurin auch selbst Familie hat, scheint für sie nicht allzu groß gewesen zu sein. Zumindest sieht sie alles mit einer anderen Brille, wie einem Artikel im Cottbuser Stadtmagazin Hermann zu entnehmen ist, für das Paula Thielecke im wallenden Kleid in der hier „austrocknenden Landschaft“ posiert hat. Während Lukas Rietzschel nicht ganz ohne Witz melancholisch-poetisch vom Wandel in der Natur und Gesellschaft erzählt, was dem anderen Schriftsteller des Eröffnungswochenendes, Franz Fühmann, recht nahe kommt, will Paula Thielecke das „Saftige des Lebens“ und „ein bisschen Sonnenallee“ im Roman entdeckt haben. Der blöde Gag „Alles Stasi außer Mutti.“ verkehrt da am Ende nicht nur die tragische Pointe der Geschichte. An der schauspielerischen Leistung und der Ästhetik des Abends ist kaum etwas auszusetzen. Der Umgang mit Text und Autor muss allerdings als eher respektlos bezeichnen werden.'' schreibt Stefan Bock am 13. September 2022 auf KULTURA-EXTRA