Bewertung und Kritik zu
TITUS ANDRONICUS
Shakespeare/Dürrenmatt/Müller
Regie: Peter Atanassow
Premiere: 3. Juni 2025
Freiluftgefangenentheater in der JVA Tegel, Berlin
Zum Inhalt: Titus Andronicus, Feldherr der Römer, kehrt nach seinem Krieg gegen die Goten umjubelt heim. Trophäen des Sieges: die Gotenkönigin Tamora und drei ihrer Söhne. Als Vergeltung für seine eigenen gefallenen Söhne lässt Titus den Ältesten Tamoras hinrichten und setzt damit eine blutige Tötungsmaschinerie in Gang. Es entspannt sich ein Reigen der Rache zwischen Goten und Römern, der den Krieg vom Schlachtfeld in das politische Rom und in die Familien verlagert. So vollzieht sich der Zusammenprall von Machtzentrum und Peripherie, von „Zivilisation“ und „Barbarei“ – aber von Beginn an stellt sich die Frage, wer hier eigentlich was vertritt. Theater als Blick in die Welt, wie sie ist. Der Mensch darin: ein radikal aufgeladenes Elementarteilchen ohne Sinn und Halt.
Wie zerfällt eine Ordnung? Sie zerfällt langsam, in Schüben eines unberechenbar vorrückenden Wahnsinns. Das macht sie sämtlich so lächerlich: Sieger von gestern, Generäle toter Armeen, ausgediente Politiker, kurz: alle, die mal Staat im Staate waren und die nun ihrer Täterschaft – leider ein paar entscheidende Untaten zu spät – das heiße Herz der Redlichkeit einoperieren wollen.