Residenztheater München
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    Eine göttliche Komödie. Dante > Pasolini

    Bewertung und Kritik zu

    EINE GÖTTLICHE KOMÖDIE. DANTE <> PASOLINI
    von Federico Bellini
    Regie: Antonio Latella
    Premiere: 22. März 2019 
    Residenztheater München 

    Eingeladen zum 57. Berliner Theatertreffen (2020) 
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    Zum Inhalt: Ostia, ein Badeort nahe Rom, in der Nacht vom 1. auf den 2. November 1975. Pier Paolo Pasolini sitzt mit einem jungen Mann auf einem Bolzplatz in seinem Auto. Ist er zu einem amourösen Abenteuer verabredet oder versucht er, die Aufnahmen eines Films zurückzubekommen, die man ihm gestohlen hat? Pasolini wird in dieser Nacht brutal ermordet, als Täter wird später ein 17-jähriger Stricher verurteilt.

    Die Inszenierung rekonstruiert den Mord an dem Filmregisseur und Dramatiker aus verschiedenen Blickwinkeln und verknüpft die privat durchlebte Hölle des Dichters mit dem gleichnamigen Teil aus Dantes "Göttlicher Komödie". Dessen Worte begleiten die Figur Pasolini dabei auch in die anderen von Dante imaginierten Reiche, zum Läuterungsberg und ins Paradies, an jene Orte, an denen jede Sünde eine Chance zur Buße zu haben scheint. So begegnen wir Pasolinis persönlichem und künstlerischem Umfeld, von der Mutter bis hin zu Figuren, die aus seinen Filmen zu entspringen scheinen. Der Weg, den Pasolini mit Dante in einem Zustand zwischen Leben und Tod geht, gleicht einem Traum; die Verse der "Göttlichen Komödie" werden zu seinen Wegweisern. Pasolini hat mehrmals den Versuch unternommen, Dantes Werk fortzuschreiben.Es stellt einen der bedeutendsten künstlerischen und existenziellen Bezugspunkte in seinem Schaffen dar.

    Regie: Antonio Latella
    Bühne: Giuseppe Stellato
    Kostüme: Graziella Pepe
    Musik: Franco Visioli
    Licht: Gerrit Jurda
    Choreographie: Francesco Manetti
    Dramaturgie: Federico Bellini + Laura Olivi


    WIR EMPFEHLEN

    4.3 von 5 Sterne
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    Kluge Auseinandersetzung mit Dante und Pasolini, die vor Testosteron vibriert
    4 years ago
    Kritik
    In der ersten halben Stunde wird der Mord an Pasolini in immer neuen Varianten jenseits der offiziellen Version durchgespielt. Nicht wie so oft in letzter Zeit als das Publikum quälender Loop im selbstverliebten L´art pour l´art-Stil, sondern mit präzise aufeinander abgestimmten Gewalt-Choreographien. Nach jedem Mord an Pasolini (Tim Werths, der als geschundene Kreatur am Boden liegt) wird der Rückwärtsgang eingelegt. Die Autotür des Alfa Romeo öffnet sich, weitere sonnenbebrillte Männer im Einheitslook springen aus dem Wagen und malträtieren ihr Opfer mit angedeuteten Tritten, Schlägen und Vergewaltigungen. Waren die Mafia und die italienischen Neofaschisten in den Mord involviert? Ging es um Filmrollen, die Pasolini zurückkaufen wollte? Feinde mit einem Motiv, ihn aus dem Weg zu räumen, hatte er jedenfalls genug. Gewalt wird hier jedoch nicht als „Torture porn“ ausgestellt, sondern klug und sehr sublimiert in eine Auseinandersetzung mit zwei großen italienischen Dichtern und Intellektuellen eingebaut. „Eine göttliche Komödie“ überzeugt vor allem mit starken Choreographien, die sich wohltuend vom Stadttheater-Einerlei abheben. Nils Dechamps, Gunter Eckes, Max Gindorff und Nils Strunk toben sich aus. Ihre Performance vibriert vor Testosteron und Aggressivität, ohne plump oder anbiedernd zu wirken. Aus dem Ensemble ragen zwei Spieler heraus: Franz Pätzold, der sich mit seinem unverkennbaren Sound diesmal meist am Rand hält und den weisen Raben aus Pasolini Film „Große Vögel, kleine Vögel/Uccellacci e uccellini“ mimt. Und Tim Werths, der die letzte halbe Stunde fast im Alleingang bestreitet und bei seiner Energie-Leistung beeindruckende Rampensau-Qualitäten unter Beweis stellt, die er schon in seinem Auftritt als das Publikum aufmischender Affe in „Der Balkon“ im Marstall andeutete. Nach der gestrigen Vorstellungen gab es im Gegensatz zur Premiere keine Buhs mehr, stattdessen langen, freundlichen Applaus und einige Bravo-Rufe. Weiterlesen
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    1 von 1 Person(en) gefiel diese Kritik
    Höllenfahrt ins eigene Ich
    5 years ago
    Kritik
    ''Latellas Inszenierung knüpft an diese Vorstellung an. Alle sieben Figuren, die sich im Lauf des Stückes auf der kahlen Bühne einfinden, tragen dieselbe Kleidung, Jeans, gestreiftes Hemd, Lederjacke, sind ein und dieselbe Person, Täter und Opfer. Als sie Pasolini schon fast zu Tode geschunden haben, verwandeln sie sich in die wichtigsten Personen seines Daseins: die vergötterte Mutter etwa, die ihn im wahrsten Bildsinn am Schwanz gepackt hält. Das tut weh beim Zuschauen, ist aber auch irgendwie zum Lachen. Der ungeliebte, tyrannische Vater, der mit ihm um die Mutter rivalisiert. Der beneidete jüngere Bruder, der so viel besser Fußball spielt. Der sprechende Rabe aus seinem Film Uccellacci e uccellini, ein marxistischer Philosoph - ebenfalls ein Alter Ego.  Die Szenerie steigert sich mit musikalisch stampfenden Rhythmen und Gesang zu einer Art Totentanz, zu einem grotesken Ballett der Selbstentblößung: plötzlich sind die Figuren nackt – vor den Zuschauern, aber vor allem vor sich selbst. Wasser stürzt von oben über das graue Auto, dessen Scheinwerfer verzweifelt blinken. Es wird das einzige Wesen sein, das Mitleid zeigt. Mit seinen alten Scheibenwischern reibt es sich die Tränen aus den Augen, bzw. von der Frontscheibe. Lächeln – und Schweigen. (...) Auch wenn einige Buhs in die ausgedehnten Gewalt- und Sexszenen platzen. Die ersten rufen schon nach der vierten Wiederholung des Mordes „Aufhören“! Doch als am Ende alle (durchweg fulminanten) Darsteller im schwarzen Anzug und Fliege vor das Publikum treten, viel Beifall – auch für die Dramaturgin Laura Olivi und den Regisseur Antonio Latella. Ein Abend voller Emotionen und Assoziationen. Bloß nicht denken! Fühlen!'' schreibt Petra Herrmann am 23. März 2019 auf KULTURA-EXTRA
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    1 von 1 Person(en) gefiel diese Kritik

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