OSSIP in «Der Revisor»

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2. Aufzug, 1. Szene 

Ossip allein.

Kleines Zimmer im Gasthause, ein Bett, Tisch, Handkoffer, eine leere Flasche, Stiefel, Kleiderbürste und dergleichen. Ossip, liegt auf seines Herrn Bett.

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OSSIP: Hol’s der Schinder, so’n gemeiner Hunger, und im Magen ein Rumor, als ob da ’n ganzes Regiment ’rumtrompetet. Und kein Fortkommen, nich mal nach Hause. Was soll nu geschehen! Zwei geschlagene Monat weg von Petersburg! Verplempert auf der Reise sein Geld, mein sauberes Herrchen, und jetzt sitzt er da, klemmt den Schwanz ein und macht kusch. Und ’s hätt’ doch schön gereicht auf die Reise; aber nee, siehste, da muß überall Staat gemacht werden. (Äfft ihn nach.) „He, Ossip, lauf, nimm mir das beste Zimmer und bestell mir das feinste Essen, einen gewöhnlichen Mansch kann ich nicht genießen, ich brauche das feinste Essen.“ Ein einfacher tüchtiger Happen hätt’ auch gelangt, aber so’n Leckermaul muß immer was extra’s haben. Sich mit Reisenden einlassen und Karten spielen — na und dann gehörig reingelegt werden! Eh, die Zucht hab’ ich satt! Da is es doch auf ’m Dorf noch immer besser: freilich, so’n Stadtgetue gibt’s da nu mal nich, aber auch weniger Schererei: man nimmt sich ’n Weib, liegt immerzu auf der Ofenbank, und läßt sich die Klöße schmecken. Nu, ’s wird ja keiner abstreiten, und wenn man’s bei Lichte besieht, hat man’s wohl in Petersburg doch am besten. Man bloß Geld in der Tasche, dann aber auch ’n pikfeines politisches Leben; Tehater, tanzende Hunde, alles, was das Herz begehrt. Reden tun sie so delikat, als ob alles adlig wär’. Geht man auf den Markt, schrein die Kaufleute: „Gnädigster Herr!“ Man steigt in ’ne Fähre, gleich sitzt neben einem ’n Beamter. Braucht man Unterhaltung, dann nur in den ersten besten Laden rein: da erzählt so’n feiner Gardekavalier Schnurren aus ’m Lagerleben und erklärt einem alle Sterne am Himmel, daß man’s wie auf der flachen Hand hat. Eine schrumplige Offiziersfrau fängt an zu spektakeln; ’n andermal blinzt einem so’n Kammerzöfchen zu ... pst, pst! (Schüttelt lächelnd den Kopf.) Der Teufel hol die verliebte Wirtschaft! — Nie kriegt man Grobheiten zu hören, alles sagt „Sie“ zu einem. Hat man’s Laufen satt, nimmt man sich ’ne Droschke, setzt sich rein wie ’n feiner Herr, und wenn man nicht zahlen mag — keine Sorge; jedes Haus hat so’n Hinterpförtchen, da witscht man durch und kein Teufel find’t einen. Bloß eins is schlecht: einmal ißt man sich plumpsatt, ’s andere Mal könnt’ man vor Hunger zerspringen, wie zum Beispiel jetzt. Aber daran is er allein schuld. Was soll man mit ihm machen? Papachen schickt Geld und denkt, man wird sparen — i wohin! ... Rumtreiben tut er sich, fährt immerzu Droschke, jeden Tag hol’ ihm ein Tehaterbillett, aber nach acht Tagen, hast du nicht gesehn, da muß ich ihm schon den neuen Frack zum Trödler tragen. Manchmal is er bis aufs letzte Hemd ausgeplündert, daß ihm nur ’n schäbiges Röckchen und ’n alter Mantel übrig bleibt, wahr und wahrhaftig! Und so’n feines Tuch, londonisches! Ein einziger Frack kost’t ihm 150 Rubel, und für 20 schlägt er ’n los; von den Hosen erst gar nich zu reden, die gibt er umsonst zu! Und warum? Darum, weil er nichts tut: statt zu arbeiten, fährt er spazieren auf’m Proschpekt und spielt Karten. Hä, wenn das der Alte wüßte? Der möcht’ sich nich drum kümmern, daß du’n Beamter bist, sondern möcht dir’s Hemd hochnehmen und ’n paar überziehen, daß du dich vier Tage lang jucken könntest. Hast du ’n Dienst, dann dien’ auch. Da kommt nu der Wirt und sagt: erst gezahlt, und hernach kriegt ihr zu essen; nu, und wenn wir nich zahlen? (Seufzend.) Grundgütiger Gott, und wenn’s auch bloß ’ne Kohlsuppe wär’! Ich möcht’ wetten, die ganze Welt hat längst gegessen. — ’s rappelt, gewiß is er’s. (Rafft sich vom Bett auf.)

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