PROSPERO in «Indipohdi»

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    5. Akt 

    Prospero allein.  

    Höher in den Felsen ist Prospero erschienen. Der Mantel wallt von seinen Schultern. In der Hand hält er eine Bettlerschale, aus der eine blaue Flamme lodert. Er ist von der aufgehenden Sonne beleuchtet.

    PROSPERO: (gegen die Sonne)
    Titan! Titan! Du schleppst zum letztenmal
    die Welt von Licht, die Welt voll Glut herauf
    in deines Schöpfers Seele. Brausend fegt
    die Feuersturmflut über alle Gipfel
    und stürzt, ein Tönemeer, in alle Tiefen.
    Du stärkster Dienstmann meines Zaubersaals,
    du unverbrüchlich Treuer, wie ich dich
    jetzt grüße, Herrlicher, so entlass' ich dich.
    Gewiß, ich war ein Meister der Magie,
    ein Zauberer, doch eine andre Hand
    wob unsichtbar an meinen Zaubern mit,
    und ich ward ihr ein freier Höriger.
    Des Weberschiffleins Schnur zog meine Hand,
    allein, in meiner wirkte jene andre
    und trieb das Werk der Schöpfung vorwärts, die
    im Tod entsteht und im Entstehen stirbt.
    Noch einmal, in dem heiligen Augenblick
    des Abschieds, wo der mächtige Webstuhl noch
    dröhnt und mein Werk erschafft, was doch nicht mein ist,
    grüß' ich dich, furchtbar-wundervolle Welt
    des Zaubers und der Täuschung. Du gebierst
    millionenfachen Fluch, wie Blumen auf
    glückseligen Wiesen, und ich habe sie
    jauchzend gepflückt und jubelnd mich gewälzt
    im Schmerzenstau, im Todesduft der Gräser.
    Und als mein immer wachsendes Geweb'
    mich enger stets umstrickte und Gestalt,
    unzähliger Form, mich, der sie schuf, umdrang,
    da würgte mich mein eigner Zauber, drang
    mein Volk von Schatten grausam auf mich ein
    und legte mich, den Schöpfer, in die Folter.
    Ich schlage um mich. Kampf, noch immer Kampf,
    als habe ein Wutbiß diese Welt gezeugt
    und diese blutige Riesenmühle Schöpfung,
    die grausam mörderisch die Frucht zermalmt.
    Nein, nein, es ist nicht wahr. Nichts ist hier Täuschung,
    denn Blut ist Blut, und Brot ist Brot, und Mord
    ist Mord. Sind alle diese Rachen,
    die Mitgeschöpfe gen einander gähnen,
    womit dies blinde Leben schrecklich prunkt,
    Täuschung? Zerstückt des Haies Kiefer nicht
    des Menschen Leib? Ist nicht des Tigers Hunger
    qualvoller Haß und Mordsucht, und zerreißt
    er nicht Lebendiges und schlingt sein Fleisch?
    Ward eine Kreatur in diese Welt
    hineingeboren ohne Waffe, und
    die Mutter, die in Furcht und Graun gebiert,
    gebiert sie Furcht und Grauen nicht im Kinde? –
    Das ist nicht Täuschung, nein, es ist so, und
    so wäre denn dies Täuschung, daß die Welt
    nur meines Zaubers Täuschung war: und dies
    ist Wahnwitz! – Nein! Zwei Augen leuchten mir
    im Nebel. O Tehura! Und es dringt
    wie leise Sphärenklänge auf mich ein,
    vom Stern der Liebe. Nah ist die Versöhnung.
    O reine Priesterin, nimm weg die Welt
    und schenke mir das Nichts, das mir gebührt.
    Ich fühle dich, ich sinke in dich! Nichts!
    (Alles ist im Nebel verschwunden.)


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