SYLVESTER in «Der Gang zum Weiher»

3. Aufzug

Sylvester allein. 

Park auf Schloß Mayenau. Sehr später Abend, beinahe Nacht. Zuerst Dunkelheit, im weiteren Verlauf immer heller werdender Mondschein. Freier Platz mit Blumenbeeten, Alleen nach rechts und links. Im Hintergrund ziemlich entfernt die Silhouette des Schlosses. Sylvester Thorn kommt vom Schlosse her, überquert einen Teil der Bühne, bleibt dann stehen.

SYLVESTER:
Wart' ich den Morgen ab?-Wozu? 's ist besser,
ich gehe,-ohne jemand noch zu seh'n.
Was mir zu tun hier oblag, ist getan.
Die ich ins Licht heraufbeschwor, Gespenster
vergang'ner Zeit, zu ew'ger Ruh' verwiesen,
in Zunder meines Lebens Buch verbrannt; -
und beinah' frag' ich mich, warum ich kam!
War's nur der Mühe wert, die Hand zu heben,
die Blatt um Blatt ins Feuer gleiten ließ?
War längst nicht Staub, was heute Asche 'worden?
Wo seid ihr hin, des Glücks durchglühte Tage,
und reich wie die, ihr Tage blut'gen Leids?
Ihr grauen Morgen, schwer von dunklen Fragen,
erlösend linde Dämmerungen Ihr,
ihr Nächte, unergründlich und erfind'risch
in Lust und Qual, ihr heiter=trunk'nen Feste,
Gespräche leicht und schwer im Kreis der Freunde, -
ihr Frühlingsgänge unter Wipfelgrün,
am Waldesrand ihr Mittagswiesenrasten,
faltenumschwirrt und himmelüberblaut,
Herbsteinsamkeiten, firnenkalt und rein,
und endlich, Stunden, heil'ge ihr des Werks,
um das zu ringen -nicht das zu vollenden -
vergönnt mir war,-wo seid ihr alle hin?
Wie fass' ich euch? Was fass' ich, wenn ich fasse?
Ihr wart doch einst gelebt! -Und unter Siegeln
ewig=lebendig wähnt' ich euch bewahrt.
Ach, nicht bewahrt, begraben hatt' ich euch,
und also war Verwesung euer Teil.
Fahr wohl, Vergangenheit! Vergessen bleibt
die einz' ge Andacht, würdig dir zu weih'n.
Der Tag ist unser-nein, der Augenblick.
Doch ist nicht der, kaum, daß wir ihn gelebt,
auch schon Vergangenheit? Der Augenblick,
da lächelnd mir zum Nachtisch Leonilda
die Birnenschnitte reichte, -nun so fern
und mein so wenig, als der Kindheit Tage
und mein das trüg'risch nahe Gestern ist?
Mein ist die Zukunft nur, da mein die Wahl.
Darum - ob's mich auch lockte, zu verweilen -
entscheid' ich mich, zu gehn.-Vertraut ist mir
der Weg, mondhell die Nacht, und noch vor Tag
- es wird ein köstlich Wandern sein -grüßt mich
des Hauses Dach, das morgen mir gehört, -
netzt meinen Fuß der Frühtau eig'nen Felds,
und über blanke Schwelle tret' ich leis'
an das geweihte Bett, wo selig bange
in Mutterträumen die Geliebte harrt.


  

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