DER STADTVOGT in «Ein Volksfeind»

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    2. Akt

    Der Stadtvogt und Stockmann, dann Frau Stockmann und Petra

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    DER STADTVOGT: Ach, das Publikum braucht gar keine neuen Gedanken. Dem Publikum ist am besten mit den alten, guten, anerkannten Gedanken gedient, die es schon hat. Ja, einmal muß ich doch grade heraus mit Dir sprechen. Bis jetzt habe ich es zu vermeiden gesucht, weil ich weiß, wie irritabel Du bist; aber jetzt muß ich Dir die Wahrheit sagen, Thomas. Du machst Dir keine Vorstellung davon, wie sehr Du Dir mit Deiner Übereiltheit schadest. Du beklagst Dich über die Behörden, ja selbst über die Regierung, – reißt sie sogar herunter, – behauptest, Du würdest zurückgesetzt, verfolgt. Aber kannst Du anderes erwarten, – so ein lästiger Mann, wie Du bist. Ja, Thomas, Du bist als Mitarbeiter ein sehr lästiger Mann. Das habe ich fühlen müssen. Du setzt Dich über alle Rücksichten hinweg; Du scheinst ganz zu vergessen, daß ich es bin, dem Du diesen Deinen Posten als Badearzt zu verdanken hast – Aber damals war der richtige Zeitpunkt noch nicht da; na, das konntest Du da oben in Deinem Winkel ja nicht beurteilen. Als dann aber der passende Moment gekommen war, da nahm ich – und die anderen – die Sache in die Hand – Nach meiner Ansicht zeigt es sich nur, daß Du wieder einmal ein Ventil für Deine Streitsucht brauchst, Du willst Deinen Vorgesetzten zu Leibe; – das ist ja eine alte Gewohnheit von Dir. Du willst keine Autorität über Dir dulden; Du siehst jeden schief an, der ein übergeordnetes Amt bekleidet; Du betrachtest ihn als einen persönlichen Feind, – und sofort ist Dir jedwede Angriffswaffe recht. Aber jetzt habe ich Dich darauf aufmerksam gemacht, welche Interessen für die ganze Stadt auf dem Spiel stehen, – und folglich auch für mich. Und deshalb sage ich Dir, Thomas, ich bin unerbittlich in der Forderung, die ich jetzt an Dich zu stellen beabsichtige. Da Du so schwatzhaft gewesen bist, von dieser heiklen Angelegenheit Unberufenen gegenüber zu sprechen, obgleich sie als ein Direktionsgeheimnis hätte bewahrt werden müssen, so kann die Sache natürlich nicht vertuscht werden. Allerhand Gerüchte werden sich verbreiten, und unsere Neider werden die Gerüchte durch allerlei Zusätze nähren. Es wird deshalb nötig sein, daß Du solchen Gerüchten öffentlich entgegentrittst. Es steht zu erwarten, Du werdest vermöge erneuter Untersuchungen zu dem Resultat kommen, daß die Sache nicht annähernd so gefährlich oder bedenklich ist, wie Du Dir im ersten Augenblick eingebildet hast. Und weiter erwartet man, daß Du zu der Verwaltung das Vertrauen hegst und ihm öffentlich Ausdruck gibst, sie werde gründlich und gewissenhaft das Nötige veranlassen, um möglichen Übelständen abzuhelfen. Als Angestellter hast Du kein Recht eine separate Überzeugung zu haben. Als Angestellter, sage ich. Als Privatperson, – du lieber Gott, das ist eine andere Sache. Aber als subalterner Beamter des Bades darfst Du keine Überzeugung aussprechen, die im Gegensatz zu der Deiner Vorgesetzten steht. Die Angelegenheit, um die es sich hier handelt, ist nicht rein wissenschaftlich; es ist eine kombinierte Angelegenheit; es ist sowohl eine technische als auch eine ökonomische Angelegenheit. [Du hast] die Freiheit […], [dich] über alle möglichen Angelegenheiten der Welt auszusprechen! Bitte sehr. Aber nur nicht über die Angelegenheiten des Bades –. Das verbieten wir Dir. Ich verbiete es Dir, – ich, Dein oberster Vorgesetzter; und wenn ich es Dir verbiete, so hast Du zu gehorchen. [Sonst] werde ich nicht verhindern können, daß Du Deinen Abschied bekommst. Den Abschied als Badearzt. Ich werde mich veranlaßt sehen, augenblicklich Kündigung zu beantragen und Dir alle Funktionen zu untersagen, die mit dem Bade etwas zu tun haben. Du bist jetzt gewarnt. Überlege Dir denn, was Du Dir und den Deinen schuldig bist. Adieu. (Ab.)

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