WOJNIZKI (ONKEL WANJA) in «Onkel Wanja» I.

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    1. Aufzug

    Wojnizki, Astrow, Teljegin und Marina   

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    1466146 1466146 XlWOJNIZKI: Der Professor sitzt genau so wie sonst den ganzen geschlagenen Tag in seinem Kabinett und schreibt. Wie sagt doch der Dichter?

    »In Falten ganz gekraust die Denkerstirn
    entringt er Od' um Ode seinem Hirn;
    nur schade, jammerschade, daß der Welt
    nicht der Poet noch sein Poem gefällt!«

    Armes Papier! Er sollte lieber seine Selbstbiographie schreiben. Was für ein großartiges Sujet! Ein Professor a. D., verstehst du – ein alter Zwieback – ein gelehrter Stockfisch! … Podagra, Rheumatismus, Migräne, die Leber vor lauter Neid und Eifersucht geschwollen … Und dieser alte Stockfisch lebt auf dem Landgut seiner ersten Frau – nur, weil er muß, natürlich, da seine Mittel ihm nicht erlauben, in der Stadt zu leben. Jammert beständig über sein Unglück, während er in Wirklichkeit vom Schicksal geradezu verhätschelt ist. (Nervös) Bedenk' doch mal, was für ein Glück der Kerl gehabt hat! Ein einfacher Küsterssohn, ein Stipendienschlucker, hat sich durch alle gelehrten Grade bis zum Katheder hinaufgedrängelt, ist Exzellenz geworden, hat einen Senator zum Schwiegervater gekriegt usw. usw. Doch das ist schließlich unwichtig. Doch nun weiter: fünfundzwanzig Jahre liest und schreibt der Mensch über die Kunst, und versteht dabei von der Kunst so gut wie gar nichts. Fünfundzwanzig Jahre lang kaut er fremde Gedanken über Realismus, Naturalismus und allerhand sonstigen Unsinn wieder, fünfundzwanzig Jahre lang liest und schreibt er über Dinge, die den klugen Leuten längst bekannt, den dummen aber höchst gleichgültig sind … fünfundzwanzig Jahre lang also hat er nichts weiter getan als leeres Stroh gedroschen – und nun seh' mal einer diesen Eigendünkel, den das hat, diese Ansprüche! Jetzt hat er seinen Abschied genommen – und keine lebendige Seele kennt ihn mehr, im Handumdrehen ist er wie verschollen. Er hat einfach diese fünfundzwanzig Jahre hindurch den Platz eines andern eingenommen. Und nun sieh nur, wie er einherschreitet: wie ein Halbgott!

    ASTROW: Hör' mal, ich glaube, du beneidest ihn bloß!

    WOJNIZKI: Gewiß beneide ich ihn. Und was für Erfolge er bei den Frauen gehabt hat! Kein Don Juan könnte sich so vieler Siege rühmen. Seine erste Frau, meine Schwester, dieses schöne, liebenswürdige Geschöpf, das so edelmütig, so großherzig, so rein war wie der blaue Himmel, und mehr Verehrer hatte als er Schüler – die liebte ihn so, wie nur keusche Engel ebenso keusche und schöne Wesen, wie sie selber sind, lieben können. Meine gute Mama, seine Schwiegermutter, vergöttert ihn noch heute, und noch heute flößt er ihr förmlich ein heiliges Grauen ein. Seine zweite Frau, ein schönes, kluges Wesen – du hast sie ja eben gesehen – hat ihn geheiratet, als er schon ein Greis war; sie hat ihm ihre Jugend, ihr Schönheit, ihre Freiheit, ihren Glanz geopfert – weshalb, frag' ich, wofür? 


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