HELENA in «Die Kleinbürger»

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    3. Aufzug

    Helena und Teterew. 

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    HELENA: (in Sinnen versunken)  Als ich noch im Gefängnis lebte, war's viel interessanter … Mein Mann war ein Kartenspieler, trank viel, fuhr oft auf die Jagd. Es war in einer Kreisstadt … da gab's allerhand kleine Beamte – mit denen er verkehrte. Ich war frei, ging nirgendshin, sah niemanden bei mir und lebte mit den Arrestanten. Sie liebten mich, kann ich sagen … Sie sind solche Sonderlinge, wenn man sie sich näher anschaut. Ganz prächtige, einfache Leute – ich versichere Sie! Wenn ich sie so ansah, hielt ich's für unmöglich, daß dieser da ein Mörder war, jener dort einen Raub verübt und ein Dritter sonst etwas Schreckliches begangen hatte. Fragte ich einmal: »Hast du wirklich einen Menschen ermordet?« – dann bekam ich zur Antwort: »Allerdings, Mütterchen Jelena Nikolajewna, ich hab gemordet … was läßt sich da schon tun?« Und ich hatte den Eindruck, als hätte er, dieser Mörder, eine fremde Schuld auf sich genommen … als hätte er nur mit dem Stein zugeschlagen, den eine fremde Gewalt hingeworfen hatte … ja! Ich kaufte ihnen verschiedene Bücher, gab in jede Zelle ein Damespiel, Karten … steckte ihnen Tabak zu … und auch Branntwein, aber nur wenig … Bei ihren Spaziergängen spielten sie Ball oder Klippe – ganz wie die Kinder, Ehrenwort! Zuweilen las ich ihnen aus humoristischen Büchern vor, und sie hörten zu und lachten v… wie Kinder. Ich kaufte Vögel und Vogelbauer – jede Zelle hatte ihren Vogel, und sie liebten die kleinen Sänger wie mich selbst. Und wissen Sie, was ihnen ganz besonders gefiel? Wenn ich irgend etwas Helles trug, eine rote oder gelbe Bluse zum Beispiel … ich versichere Sie, sie liebten die hellen, lachenden Farben! Und ich kleidete mich absichtlich so bunt wie möglich, um ihnen eine Freude zu machen … (Seufzt.)  Ganz vortrefflich lebte ich mit ihnen … ich merkte es gar nicht, wie die drei Jahre vergingen … und als dann ein Pferd meinen Mann erschlug, weinte ich, glaub ich, nicht so sehr um ihn wie um das Gefängnis … Es tat mir leid, daß ich es verlassen mußte … und auch die Arrestanten waren sehr betrübt … (Sieht sich im Zimmer um.)  Hier, in dieser Stadt, lebe ich nicht so angenehm … in diesem Hause ist etwas … etwas nicht in Ordnung. Nicht, als ob die Menschen nicht gut wären – nein, es ist etwas anderes. … Von alldem ist mir so traurig, so schwer ums Herz geworden … Da sitzen wir nun und plaudern … und dort stirbt vielleicht ein Mensch …

     

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