DON KARLOS in «Don Karlos»

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    1. Akt, 2. Auftritt 

    Königin Elisabeth und Marquis von Posa 

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    6606673 6606673 XlDON KARLOS: 
    Nein! Diese Schonung will ich nicht. Sprich's aus,
    Sprich, daß auf diesem großen Rund der Erde
    Kein Elend an das meine grenze – sprich –
    Was du mir sagen kannst, errath' ich schon.
    Der Sohn liebt seine Mutter. Weltgebräuche,
    Die Ordnung der Natur und Roms Gesetze
    Verdammen diese Leidenschaft. Mein Anspruch
    Stößt fürchterlich auf meines Vaters Rechte.
    Ich fühl's, und dennoch lieb' ich. Dieser Weg
    Führt nur zum Wahnsinn oder Blutgerüste.
    Ich liebe ohne Hoffnung – lasterhaft –
    Mit Todesangst und mit Gefahr des Lebens –
    Das seh' ich ja, und dennoch lieb' ich.

    MARQUIS:                                           Weiß
    Die Königin um diese Neigung?

    DON KARLOS:                          Konnt' ich
    Mich ihr entdecken? Sie ist Philipps Frau
    Und Königin, und das ist span'scher Boden.
    Von meines Vaters Eifersucht bewacht,
    Von Etikette ringsum eingeschlossen,
    Wie konnt' ich ohne Zeugen mich ihr nahn?
    Acht höllenbange Monde sind es schon,
    Daß von der hohen Schule mich der König
    Zurückberief, daß ich sie täglich anzuschaun
    Verurtheilt bin und, wie das Grab, zu schweigen.
    Acht höllenbange Monde, Roderich,
    Daß dieses Feu'r in meinem Busen wüthet,
    Daß tausendmal sich das entsetzliche
    Geständniß schon auf meinen Lippen meldet,
    Doch scheu und feig zurück zum Herzen kriecht.
    O Roderich – nur wen'ge Augenblicke
    Allein mit ihr –

    MARQUIS:      Ach! Und Ihr Vater, Prinz –

    DON KARLOS:
    Unglücklicher! Warum an den mich mahnen?
    Sprich mir von all den Schrecken des Gewissens,
    Von meinem Vater sprich mir nicht.

    MARQUIS:  Sie hassen Ihren Vater!

    DON KARLOS:                              Nein! Ach, nein!
    Ich hasse meinen Vater nicht – Doch Schauer
    Und Missethäters-Bangigkeit ergreifen
    Bei diesem fürchterlichen Namen mich.
    Kann ich dafür, wenn eine knechtische
    Erziehung schon in meinem jungen Herzen
    Der Liebe zarten Keim zertrat? Sechs Jahre
    Hatt' ich gelebt, als mir zum ersten Mal
    Der Fürchterliche, der wie sie mir sagten,
    Mein Vater war, vor Augen kam. Es war
    An einem Morgen, wo er stehnden Fußes
    Vier Bluturtheile unterschrieb. Nach diesem
    Sah ich ihn nur, wenn mir für ein Vergehn
    Bestrafung angekündigt ward. – O Gott!
    Hier fühl' ich, daß ich bitter werde – Weg –
    Weg, weg von dieser Stelle!

    MARQUIS:                        Nein, Sie sollen,
    Jetzt sollen Sie sich öffnen, Prinz. In Worten
    Erleichtert sich der schwer beladne Busen.

    DON KARLOS:
    Oft hab' ich mit mir selbst gerungen, oft

    Um Mitternacht, wenn meine Wachen schliefen,
    Mit heißen Thränengüssen vor das Bild
    Der Hochgebenedeiten mich geworfen,
    Sie um ein kindlich Herz gefleht – doch ohne
    Erhörung stand ich auf. Ach, Roderich!
    Enthülle du dies wunderbare Räthsel
    Der Vorsicht mir – Warum von tausend Vätern
    Just eben diesen Vater mir? Und ihm
    Just diesen Sohn von tausend bessern Söhnen?
    Zwei unverträglichere Gegentheile
    Fand die Natur in ihrem Umkreis nicht.
    Wie mochte sie die beiden letzten Enden
    Des menschlichen Geschlechtes – mich und ihn –
    Durch ein so heilig Band zusammen zwingen?
    Furchtbares Loos! Warum mußt' es geschehn?
    Warum zwei Menschen, die sich ewig meiden,
    In einem Wunsche schrecklich sich begegnen?
    Hier, Roderich, siehst du zwei feindliche
    Gestirne, die im ganzen Lauf der Zeiten
    Ein einzig Mal in scheitelrechter Bahn
    Zerschmetternd sich berühren, dann auf immer
    Und ewig aus einander fliehn.

    MARQUIS:                             Mir ahnet
    Ein unglücksvoller Augenblick.

    DON KARLOS:                      Mir selbst.
    Wie Furien des Abgrunds folgen mir
    Die schauerlichsten Träume. Zweifelnd ringt
    Mein guter Geist mit gräßlichen Entwürfen;
    Durch labyrinthische Sophismen kriecht
    Mein unglücksel'ger Scharfsinn, bis er endlich
    Vor eines Abgrunds gähem Rachen stutzt –
    O Roderich, wenn ich den Vater je
    In ihm verlernte – Roderich – ich sehe,
    Dein todtenblasser Blick hat mich verstanden –
    Wenn ich den Vater je in ihm verlernte,
    Was würde mir der König sein?

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