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4. Akt, 12. Szene
Thekla allein.
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THEKLA:
Sein Geist ist's, der mich ruft. Es ist die Schaar
Der Treuen, die sich rächend ihm geopfert.
Unedler Säumniß klagen sie mich an.
Sie wollten auch im Tod nicht von ihm lassen,
Der ihres Lebens Führer war – Das thaten
Die rohen Herzen, und ich sollte leben!
– Nein! Auch für mich ward jener Lorbeerkranz,
Der deine Todtenbahre schmückt, gewunden.
Was ist das Leben ohne Liebesglanz?
Ich werf' es hin, da sein Gehalt verschwunden.
Ja, da ich dich, den Liebenden, gefunden,
Da war das Leben etwas. Glänzend lag
Vor mir der neue goldne Tag!
Mir träumte von zwei himmelschönen Stunden.
Du standest an dem Eingang in die Welt,
Die ich betrat mit klösterlichem Zagen,
Sie war von tausend Sonnen aufgehellt,
Ein guter Engel schienst du hingestellt,
Mich aus der Kindheit fabelhaften Tagen
Schnell auf des Lebens Gipfel hinzutragen.
Mein erst Empfinden war des Himmels Glück,
In dein Herz fiel mein erster Blick!
(Sie sinkt hier in Nachdenken und fährt dann mit Zeichen des Grauens auf.)
– Da kommt das Schicksal! – roh und kalt
Faßt es des Freundes zärtliche Gestalt
Und wirft ihn unter den Hufschlag seiner Pferde –
– Das ist das Loos des Schönen auf der Erde!





