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Ha*l*t

Bewertung und Kritik zu

HA*L*T 
von Tamara Trunova 
Premiere: 8. März 2023 (Gastspiel - Radar Ost) 
Deutsches Theater Berlin 

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Zum Inhalt: Am 24. Februar 2022 sollten im Left Bank Theatre in Kyjiw die Proben zu Hamlet beginnen. An diesem Tag greift Russland die Ukraine an. Die Inszenierung, das Bühnen- und Kostümbild werden "eingefroren". Hamlet wird zu Ha*l*t, zu einer Aufführung, die nicht stattgefunden hat. Streicht man "me" ("mich") aus Hamlet, wird daraus Ha*l*t. Was aber wird aus diesem "Ich"?

Die Inszenierung markiert eine Zäsur, in der ein Raum zur Reflexion entsteht: Was haben wir verloren und was haben wir gewonnen? Wie können wir jetzt weitermachen? Das legendäre "Sein oder nicht sein?" erhält eine neue, erschreckend konkrete Bedeutung. Diese existentielle Frage wird jetzt – ein Jahr später – von den Schauspieler:innen gestellt, die in Berlin auf demontierten Kulissen sitzen. Fortinbras befindet sich im Krieg und Hamlet wird zum Gesprächsanlass angesichts einer Bedrohung, die die ganze zivilisierte Welt betrifft.

Regie / Raumkonzept: Tamara Trunova
Musik: Matthias Kremsreiter
Dramaturgie: Tamara Trunova, Maryna Smilianets
Produktion: Stas Zhyrkov, Kateryna Hradnova-Savytska

Kooperation mit dem Left Bank Theatre, Kyjiw

3.3 von 5 Sterne
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Kryptische Dystopie
1 Jahr her.
Kritik

"Dogs of Europe" ist die Bühnenadaption eines Romans, der in Belarus inzwischen verboten ist. Er imaginiert die Welt 2049: Russland hat sich zum diktatorischen "Großen Reich" über die halbe Welt ausgedehnt, Belarus gibt es nicht mehr. Eine unüberbrückbare Mauer trennt das "Große Reich" vom "Bund der Europäischen Staaten". Eine brisante Ausgangslage. Allerdings bleibt die Dystopie, die von hier aus aufgefächert wird, schwer nachvollziehbar: ein Spion, gekaperte Inseln, ein mysteriöser Todesfall in einem Berliner Hotel, Gänsefedern und verbotene Bücher von anonymen Autoren – ohne Romankenntnis (das Buch ist nicht ins Deutsche übersetzt) bleibt das allzu kryptisch.

Politisch wird es dann noch einmal beim Schlussapplaus: Das Ensemble tritt mit riesigem "Stand With Ukraine"-Plakat auf die Bühne und die Co-Regisseurin Natalia Kalida spricht aufrüttelnde Worte: Alle Menschen, die wir auf der Bühne sehen, sagt sie, saßen in Belarus im Gefängnis oder haben im Krieg gekämpft. Aus Deutschland heraus hätten wir dafür Sorge zu tragen, dass die europäischen Werte in der Ukraine verteidigt werden. "Für die Demokratie muss man etwas tun." schreibt Barbara Behrendt auf rbbKultur

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Koproduktion des DT Berlin mit dem Left Bank Theatre aus Kyjiw
1 Jahr her.
Kritik

''Als sich der Eiserne Vorhang hebt und das Bühnenbild mit roten Tannen freigibt, schaltet sich per Videoprojektion Volodymyr Kravchuk in Uniform von der Front dazu. Er hat sich entschlossen, das Vaterland zu verteidigen. Die anderen werden später bei einem Volkstanz die Namen von weiteren KünstlerInnen, die bereits im Krieg gefallen sind, nennen. Die beklemmende Situation wird verstärkt durch einzelne Soli der DarstellerInnen. Aber selbst in den deutschen Untertiteln lässt sich nur schwer entschlüsseln, was genau dort auf der Bühne verhandelt werden soll. Im Großen und Ganzen geht es aber schon um die Unmöglichkeit, während sich das Land im Krieg befindet, das geplante Projekt unberührt dessen weiterzuführen. Auch der Auftritt des Schauspielers Vitalii Salii als androgyner Geist wirkt sehr kryptisch. Das Ensemble läuft einmal mit verbundenen Augen in Reihe durch den Theatersaal, oder spielt wie an Fäden gezogen einen irren Stopptanz auf.

Oleksandr Sokolov, der bereits am Anfang als Darsteller des Hamlet angesagt wurde, spricht irgendwann auch den Schlüsselmonolog „Sein oder Nichtsein“. Das Zaudern der Titelfigur, die Verse über „die Übel“, „Furcht“ oder „des Mächtigen Druck“ bekommen hier eine ganz andere Konnotation. Vielmehr Hamlet gibt es an diesem fast zweistündigen Abend aber nicht. Das Publikum erlebt den Versuch der kollektiven Traumabewältigung und der Theater-Kunst, die Schrecken adäquat in Szene zu setzen. Das allerdings mit großem Engagement des ganzen Ensembles, das nicht in der anfänglichen Schockstarre verharren will und dafür Standing Ovations des Publikums erhält.'' schreibt Stefan Bock am 9. März 2023 auf KULTURA-EXTRA

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Suchbewegung über Kunst in Zeiten des Krieges
1 Jahr her.
Kritik

Das Team um Regisseurin und Co-Theaterleiterin Tamara Trunova vom Left Bank Theatre, Kiew, fragt sich, ob und wie man nach den Bomben auf ihre Stadt weiter Theater machen. Im humorvollen Intro stellen sie ein Publikumsgespräch zur „Hamlet“-Vorstellung nach, die im Frühjahr 2022 Premiere feiern sollte. Das Plakat des Hauptdarstellers (Oleksandr Sokolov) hing schon am Eingang, die Proben hatten begonnen. In der Eröffnungsszene tut das Kiewer Ensemble so, als sei alles seinen gewohnten Gang gegangen: die Schauspielerinnen der doppelten Gertrud belauern sich mit Eifersüchteleien und auch sonst wirkt alles wie Betriebs-Routine.

In den restlichen zwei Stunden nimmt „Ha*l*t“ immer wieder Anlauf, die zentrale Frage zu beantworten, wie es nun für die Künstler*innen weitergehen kann. Der Fortinbras-Darsteller, der vermeintlich noch in der Raucherpause ist, wird in einem Frontkämpfer-Video eingespielt. Für Oleh Stefan, den Ältesten in der Runde, ist die Sache klar: sie müssen weiterarbeiten, ihre künstlerischen Stimmen müssen jetzt erst gehört werden. Deshalb betont er auch immer wieder, wie dankbar er ist, dass er schon im September 2022 an Thomas Ostermeiers Schaubühne am Dokutheater-Projekt „Sich waffnend gegen eine See von Plagen“ mitarbeiten durfte, das ebenfalls auf die ausgefallene Hamlet-Inszenierung Bezug nahm.

Die Reflexion über Kunst in Zeiten des Krieges, die auf Ukrainisch mit deutschen und englischen Übertiteln an zwei Abenden in den DT-Kammerspielen gezeigt wird, stellt ihren suchenden Charakter ganz offensiv aus. Stilmittel werden ausprobiert und verworfen, Wege beschritten, die sich als Sackgassen herausstellen, die Ebenen zwischen ausgefallener Produktion und Meta-Diskurs immer wieder gewechselt. Ein in sich geschlossener Abend entsteht daraus natürlich nicht, die Fragen und Zweifel stehen im Mittelpunkt.

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