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Die Krume Brot

Bewertung und Kritik zu

DIE KRUMME BROT 
von Lukas Bärfuss
Regie: Antú Romero Nunes 
Premiere: 13. Dezember 2024 
Theater Basel 

Berliner Autor:innentheatertage (2025) 
11. & 12. Juni 2025 (Deutsches Theater Berlin)

Zum Inhalt: Für Adelina, geboren in Zürich, Tochter italienischer Einwander:innen, gibt es in der Schweiz keinen Platz. Geerbte Schulden zwingen sie, ihre Lehre abzubrechen. Alleinstehend und mit ihrer kleinen Tochter Emma sucht sie nach einem Ausweg aus der Abwärtsspirale. Doch die Verhältnisse, eine frauen- und fremdenfeindliche Gesellschaft, verhindern das. Sie gerät von einer misslichen Lage in die nächste, bis ein Mann, der sich liebevoll um ihre Tochter kümmert, sie mit nach Italien nimmt. Emma verschwindet jedoch spurlos und so kommt es zu einer verhängnisvollen Begegnung mit den Roten Brigaden – und einer Erkenntnis.

Lukas Bärfuss adaptiert seinen neuen Roman für die Basler Compagnie und erweitert die Erzählung um eine erwachsene und wohlhabende Emma, die die Handlung in die Gegenwart führt. In der Regie von Antú Romero Nunes entfaltet sich eine packende Inszenierung der einfachen Mittel, die nicht nur den Teufelskreis der Armut beleuchtet, sondern auch ein vielschichtiges Gesellschaftsbild Italiens und der Schweiz des 20. Jahrhunderts zeichnet.

Inszenierung – Antú Romero Nunes
Autor – Lukas Bärfuss
Bühne – Matthias Koch
Kostüme – Lena Schön, Helen Stein
Komposition – Anna Bauer
Lichtdesign – Vassilios Chassapakis
Dramaturgie – Michael Gmaj

2 Bewertungen

2.5 von 5 Sterne
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Die Krume Bot von Lukas Bärfuss
3 Monate her.
Kritik

''In Bärfuss‘ Stückfassung treffen wir zu Beginn Emma (Gina Haller), Adelinas erwachsene Tochter, die bei Adoptiveltern aufgewachsen ist, mit ihrem Geliebten Lukas (Jörg Pohl) über ihre zum Teil unklare Vergangenheit spricht. Unterlagen des verstorbenen Adoptivvaters enthalten Hinweise auf ihre leibliche Mutter Adelina. Lukas möchte Emmas Geschichte schriftstellerisch ausschlachten, was Emma aber vehement ablehnt. Regisseur Nunes lässt zu diesem abendlichen Gespräch in der Wohnung des Paars das Ensemble Einrichtungsgegenstände wie Schuhschrank, Sessel, Toilette, Bett oder Stehlampe mimen. Die nicht vorhandenen Türen werden quietschend geöffnet. Eine Schauspielerin spielt sogar das Spiegelbild beim Zähneputzen im Bad. Diese Art von pantomimischen Slapstickeinlagen ziehen sich auch durch die weitere Handlung des Stücks, das nun die Vergangenheit der Familie Adelinas als komisches Volksstück mit vielen Rollen- und Kostümwechseln, akrobatischen und komödiantischen Einlagen sowie die Geschlechter wechselnden Travestienummern spielt. Dazu schiebt das Ensemble auch bewegliche Stellwände auf der Bühne (Matthias Koch) hin und her.

Autor Bärfuss strippt seinen Roman wie eine Art Stationendrama auf. Nunes hechelt dem in seinen Slapsticknummern hinterher. Das komödiantische Treiben in Dauerschleife lässt einem kaum Momente der Reflexion. Wir sehen Adelinas lethargischen Vater Mario (Vera Flück) in einem Stuhl Pizza essen und die Teller hinter sich werfen, während ihm Kellner ihre Servietten unters Hemd stopfen. Natürlich tritt auch Mussolini (Elmira Bahrami) auf, der dem Großvater Adelinas (Andrea Bettini) seine nationalistische Ideologie einimpft, was dieser wiederum an seinen Sohn Mario weitergibt. Aus seiner Ehe mit der forschen Margaretha (Fabian Dämmich) entstammt nun Adelina (Gala Othero Winter), die den Wünschen des Vaters an eine intelligente Tochter nicht genügt. Sie muss sich nach dessen Tod gegen allerlei Widrigkeiten und finstere Ausbeutertypen behaupten und findet schließlich in den Reden des charismatischen Ideologen Renato (Jörg Pohl) ihren Weg zur Gerechtigkeit. Das sie auch hier nur ausgenutzt wird, ist schnell klar. Wie im Roman wirkt Adelinas Weg auch auf der Bühne eher schablonenhaft. Bärfuss packt ihr seine Sicht auf alle Ungerechtigkeiten der Welt wie einen zu schweren Rucksack auf. Am Ende sind wir wieder in der Rahmenhandlung und Emma bricht mit Lukas ins Kinderheim auf, die Geschichte der Mutter zu erforschen. Die Krume Brot steht am Beginn einer Trilogie, deren weitere Teile sicher auch bald auf der Bühne landen werden.'' schreibt Stefan Bock am 12. Juni 2025 auf KULTURA-EXTRA

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Sozialdrama unter dicker Comedyschicht
3 Monate her.
Kritik

Ungewöhnlich ist die Form, in der dieses Sozialdrama erzählt wird. Was sich nach einem Script für einen Film des italienischen Neorealismus anhört, wird bei Antú Romero Nunes, einem weiteren Co-Chef des Basler Leitungs-Teams, zu einem spielfreudigen Reigen aus Slapstick, viel Crossgender/Drag und Körperkomik. Kein naheliegender Gag wird ausgelassen und oft werden die ernsten Themen der Vorlage durch kleine Comic Relief-Nummern, die vermutlich im Proben-Prozess kollektiv entwickelt wurden, aufgelockert.

Das Ergebnis ist zwiespältig: die schweren Themen, von denen der Schweizer Autor Bärfuss erzählen wollte, werden nicht komödiantisch mundgerecht verpackt, sondern oft unter einer dicken Schicht aus Komik und Slapstick regelrecht erdrückt. Die zahlreichen Einlagen des Teams aus langjährigen Nunes-Weggefährt*innen wie Pohl und Gala Othero Winter, die er schon aus Hamburg mitbrachte, und Neuzugängen wie Gina Haller aus Bochum haben zwar Unterhaltungswert, wirken über mehr als drei Stunden aber auch etwas redundant, selbst wenn man wegen massiver Bahn-Verspätung die erste halbe Stunde verpasst hat.

Mit dem wunderschönen schweizerischen Wort „Langfädigkeit“ hat ein Nachtkritik-Kommentar diesen Abend treffend beschrieben.

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