Make Love Not War
„All in“ geht Orit Nahmias. Ganz allein mit nur einer Wasserflasche steht sie auf der Studiobühne des Gorki. Die intime, enge Atmosphäre gleicht tasächlich eher einer Stand-Up-Comedy-Off-Bühne, wie man sie vor allem aus Großbritannien kennt, als einem klassischen Theaterabend. Zu Beginn bleibt die Tür für die letzten Nachzügler offen und Nahmias warnt gleich, dieser Abend ist bestimmt nicht für jeden. Ausdrücklich ist „Make Love Not War“ erst ab 18 und das aus gutem Grund. Völlig „schambefreit“ tritt Nahmias auf, wie Barbara Behrendt in der rbb-Frühkritik treffend feststellte.
Nach der Scheidung von ihrem Mann riet ihr Schauspiel-Kollege Niels Bormann, der im Premieren-Publikum immer wieder von ihr angespielt wird, es auf Tinder zu versuchen. Als „Feuerfotze“ wirft sie sich in die Dating-Welt und ballert eine Anekdote nach der nächsten raus. Ob real erlebt oder einfach gut erfunden, ist gleichgültig: jedenfalls sind die 65 Minuten gespickt mit den unterschiedlichsten Spielarten von BDSM bis Vanilla, mit denen eine Frau Ende 40 auf den einschlägigen Dating-Plattformen konfrontiert wird.
In gewagten dramaturgischen Loopings landet das „Make Love Not War“-Solo immer wieder, vor allem in der Schlusskurve, bei der Politik und natürlich vor allem beim Krieg im Nahen Osten. Nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023 habe sie einen Monat nur getrauert, aber auch dann lange keinen Sex gehabt, da sie als Israeli auf der Plattform gemieden wurde. In der nächsten wilden Phantasie träumt sie sich unter dem Pseudonym einer argentinischen Tänzerin in einen One Night-Stand mit einem Hakenkreuz-Tattoo-Nazi hinein und landet doch wieder beim Gaza-Krieg. Auch hier geht sie an die Schmerzgrenze und steuert mehrfach auf die Frage zu: Verübt die Regierung Netanyahu einen Genozid?





