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Deutsches Theater Berlin
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Leonce und Lena

Bewertung und Kritik zu

LEONCE UND LENA 
von Georg Büchner
Regie: Ulrich Rasche 
Premiere: 20. Januar 2023 
Deutsches Theater Berlin 

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Zum Inhalt: Kronprinz Leonce ist von seinem Dasein gelangweilt und frustriert. Die Aussicht auf ein Leben als König erscheint ihm ebenso wenig sinnstiftend wie eine Hochzeit mit Prinzessin Lena, mit der er verheiratet werden soll. Er flieht mit dem Müßiggänger Valerio nach Italien. Gleichermaßen sträubt sich Lena gegen diese arrangierte Verlobung, findet jedoch auch kein Glück in ihrer Affäre mit Rosetta. Sie beendet diese und flüchtet in die Ferne. Kurzzeitigen Trost findet Leonce in Rausch und tiefgreifenden Gesprächen über die Unzulänglichkeit der menschlichen Existenz, während Lena in der Natur ihre Freiheit sucht. Doch immer bleiben da diese elementaren Fragen nach Ziel und Zweck des eigenen Lebens. Ohne sich zu kennen, treffen Leonce und Lena aufeinander und verlieben sich Hals über Kopf. Als Automaten maskiert, werden sie anstelle der unauffindbaren Königskinder vermählt – um nach der Entpuppung festzustellen, dass sich eingelöst hat, wovor sie zu entkommen hofften.

Mit Zazie Cayla, Toni Jessen, Marcel Kohler, Philipp Lehfeldt, Linda Pöppel, Yannik Stöbener, Ingraban von Stolzmann, Alida Stricker, Enno Trebs, Julia Windischbauer, Almut Zilcher
Live-Musik: Carsten Brocker, Katelyn Rose King, Špela Mastnak, Thomsen Merkel

Regie und Bühne: Ulrich Rasche
Komposition und Musikalische Leitung: Nico van Wersch
Choreografie: Jefta van Dinther
Chorleitung: Toni Jessen
Kostüme: Romy Springsguth
Licht: Cornelia Gloth
Mitarbeit Musik: Jonathan Heck Ton Marcel Braun, Martin Person
Dramaturgie: David Heiligers

3.0 von 5 Sterne
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Düsterdepressive Überwältigungsästhetik
1 Jahr her.
Kritik

''Diese Überwältigungsästhetik von Rasches Maschinenwesen läuft aber über den zweiunddreiviertelstündigen Abend immer leerer. „Ist denn der Weg so lang?“ führt da unweigerlich zu unfreiwilliger Komik. Es wirkt fast so, als parodiere hier Rasche seinen Inszenierungsstil selbst. Aus Büchners Drama Dantons Tod stammt der von Linda Pöppel vorgetragene Text von den Puppen, die von unbekannten Gewalten am Draht gezogen werden. Dazu passt natürlich auch die Szene in denen Valerio das Liebespaar als die zwei weltberühmte Automaten präsentiert, die vom König in „effigie“ symbolisch getraut werden.

Die Volksstimme, die im Lauf des Abends immer stiller wird, schwingt sich nun zum finalen nach Makkaroni, Melonen und Feigen fordernden Schlaraffenland-Chor auf. Individueller Genuss und Körperkult gegen das Streben nach Veränderung. Das könnte man aus diesem Abend so mitnehmen als deprimierenden Kommentar zur Lage. Wenn es nicht noch ein paar andere Probleme gäbe, die mit Büchners Texten durchaus auszudifferenzieren wären, was diese installative, ganz bewusst auf der Stelle tretende und in reiner Körperästhetik erstarrende Bild-, Text- und Soundcollage verweigert.'' schreibt Stefan Bock am 22. Januar 2023 auf KULTURA-EXTRA

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Anstrengende Schmerz-Exerzitien und politische Wut statt Lustspiel
1 Jahr her.
Kritik

„Hoffentlich gibt es auch ein bisschen was zu lachen, das bräuchten wir in diesen Zeiten“, stimmte sich ein Paar auf den Premierenabend ein. – „Nein, lustig wird es heute leider nicht“, entgegnete ihre Sitznachbarin.

Angekündigt war zwar Georg Büchners Lustspiel „Leonce und Lena“, eine romantische Komödie mit Liebesverirrungen und der Karikatur eines bornierten Herrschers mit dem albernen Namen König Popo. Aber Komödien sind nun wirklich nicht Ulrich Rasches Sache. Er ist bekannt für wuchtig-fordernde Abende, stundenlange Laufband- oder Drehbühnen-Exerzitien.

Konsequenterweise hat Rasche die meisten Lustspiel-Szenen gestrichen und stattdessen andere Büchner-Texte hineinmontiert. Gleich zu Beginn kommt der Chor auf die von einer an der Decke hängenden Rautenkonstruktion nur spärlich beleuchteten Bühne, ganz in anarchistisches Schwarz gehüllt, und deklamieren mit hervorragender Präzision Ausschnitte aus Büchners wütendem Pamphlet „Der hessische Landbote".

„Rasche at it´s best“ erleben wir in den Momenten, in denen er sein bewährtes Handwerkszeug präsentieren und die künstlerischen Mittel ausstellen kann, die ihm mit „Die Räuber„, „Woyzeck“ und „Das große Heft“ drei Theatertreffen-Einladungen in Folge einbrachten, als die Riesenwalzen und Bühnenaufbauten noch wesentlich voluminöser waren. Auch dieser mit „Leonce und Lena“ überschriebene Abend ist voller Schmerz, Wut und Verzweiflung. Kraftraubend sind die Exerzitien nicht nur für das Ensemble, das mit gepressten Stimmen und verzerrten Gesichtern die Büchner-Texte wie seinen „Fatalismus-Brief“ deklamiert: „Seit ich über die Rheinbrücke ging, bin ich wie in mir vernichtet, ein einzelnes Gefühl taucht in mir auf. Ich bin ein Automat; die Seele ist mir genommen“, klagt und barmt Linda Pöppel. Auch das Publikum braucht viel Konzentration, Schmerz-Resistenz und Ausdauer, um den pausenlosen Abend durchzustehen.

Da hatte das Paar, das auf etwas Unterhaltung hoffte und stattdessen mit niederschmetterndem Dauer-Lamento zu Techno-Beats konfrontiert, den Saal aber längst verlassen.

Eine Besonderheit dieser Rasche-Inszenierung ist, dass er erstmals mit dem international gefragten Choreographen Jefta van Dinther zusammenarbeitete, dessen Arbeiten in Berlin regelmäßig bei Tanz im August zu erleben sind. Zuletzt erarbeitete er mit dem Staatsballett Berlin „Plateau Effect“ die Saison-Eröffnung 2019. Von seinen freieren, spielerischen Bewegungsmustern werden aber ebenso wie von Büchners Lustspiel nur wenige Spurenelemente in Rasches Überwältigungsmaschinerie sichtbar.

Wer bereit ist, sich auf den Rasche-Sound einzulassen und das nötige Sitzfleisch mitbringt, kann einen lohnenden Abend erleben, der zu den stärkeren und durchdachteren Inszenierungen der Saison zählt. Wer nur etwas Zerstreuung sucht, ist bei vielen anderen Abenden besser aufgehoben.

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