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Draußen vor der Tür

Bewertung und Kritik zu

DRAUSSEN VOR DER TÜR 
von Wolfgang Borchert
Regie: Michael Thalheimer 
Premiere: 25. März 2022 
Berliner Ensemble 

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Zum Inhalt: "Tote, Halbtote, Hungertote, Bombentote, Ozeantote, Verzweiflungstote, Verlorene, Verlaufene, Verschollene. Unschöner Anblick, diese vielen dicken weißen weichen Wasserleichen heutzutage. Sie sinken. Kein Salut. Kein Sterbegeläut. Keine Grabrede. Sie sinken. Sie sinken." (Wolfgang Borchert)

Welche Verantwortung übernehmen wir für die Folgen der Kriege "draußen vor der Tür", an denen wir beteiligt sind? Was wollen wir wissen von den Auswirkungen der Gewalt "draußen vor der Tür", von der wir profitieren? Wer ist bereit, sich der Wahrheit eines Schlachthauses zu stellen, bevor er sich sein Wurstbrot schmecken lässt? Beckmann, der traumatisierte Kriegsrückkehrer, für den eine Heimkehr jedoch nicht möglich ist, bleibt "draußen vor der Tür", nachts im Regen, auf der Straße. Verfolgt von seinen quälenden Erinnerungen, will er keinen Tag länger ermordet werden und keinen Tag länger Mörder sein. Er schreit der Gesellschaft ihre kollektive Schuld ins Gesicht und verlangt Antwort.
Michael Thalheimer wird das "Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will", wie Borchert es betitelte, mit Kathrin Wehlisch als Beckmann auf die Bühne bringen.

Regie: Michael Thalheimer
Bühne: Olaf Altmann
Kostüm: Nehle Balkhausen
Musik: Bert Wrede
Licht: Rainer Casper
Dramaturgie: Amely Joana Haag

 

4.0 von 5 Sterne
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Stück aus dem Horrorkabinett
2 Jahre her.
Kritik
''Die Entscheidung Thalheimers, Beckmann von einer Frau spielen zu lassen, erweist sich hier als echter Glücksfall. Kathrin Wehlisch gibt ihrer Figur eine Dringlichkeit und Verzweiflung, die über eine rein männliche Sicht eines traumatisierten Landsers hinausweist. Wehlisch verkörpert eine der typischen Kunstfiguren Thalheimers. Sie hat verstrubbelte Haare und trägt als Gasmaskenbrille eine Art aufklappbare Schweißerbrille. Die Attribute Beckmanns, die von allen nur als komisch angesehen werden. Ein einsamer, trauriger, irre lachender Horrorclown, der aus der Gesellschaft ausgeschlossen draußen vor der Tür keine Heimat mehr findet und schließlich zum stummen Schrei ansetzt. (...) Der düstere, stilistisch mit Alliterationen, Aufzählungen und Wiederholungen arbeitende Text tut sein Übriges. Besonders eindrücklich ist da auch die Albtraumschilderung des dauermüden Beckmann, der nicht mehr ruhig schlafen kann, und dem jede Verantwortung zurückweisenden Oberst von einem auf Menschenknochen Xylophon spielenden General mit Armprothesen erzählt. Das alles gehört zum den Text verdichtenden Konzept des Regisseurs, der Borcherts Drama aus dem geschichtlichen Kontext des Zweiten Weltkriegs in eine Art Allgemeingültigkeit holen will. Ob das allein durch örtliche Weglassungen zu erreichen ist, bleibt dabei fraglich. Dass die Opfer des Zweiten Weltkriegs nicht allein deutsche Soldaten sind, wird Borcherts Stück mit zunehmendem Aufarbeitungswillen auf deutscher Seite immer wieder vorgeworfen. Regisseure wie Volker Lösch 2013 an der Berliner Schaubühne oder DT-Schauspieler Marcel Kohler letztes Jahr am Deutschen Nationaltheater Weimar begegnetem dem eher mit entsprechenden Hinzufügungen. Das ist Michael Thalheimers Sache nicht. Er lässt den Text für sich allein sprechen. Beckmann bleibt auch hier ohne Antworten draußen vor der Tür. Die Imaginationskraft und Pflicht, sich anhand dieser Inszenierung mit Schuld und Anteilnahme auseinanderzusetzen, dürfte dem Publikum im Angesicht der TV-Bilder vom Krieg in der Ukraine aber zumutbar sein.'' schreibt Stefan Bock am 28. März 2022 auf KULTURA-EXTRA
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