LEON in «Weh dem, der lügt!»

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    1. Aufzug - Am Gartentor

    Leon und der Hausverwalter. 

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    Garten im Schlosse zu Dijon, im Hintergrunde durch eine Mauer geschlossen, mit einem großen Gittertore in der Mitte. Leon, der Küchenjunge, und der Hausverwalter am Gartentor.

    LEON: 

    So? In der Küche, meint Ihr? Zeigt mir die!
    Wenn eine Küch' der Ort ist, wo man kocht,
    So sucht Ihr sie im ganzen Schloß vergebens.
    Wo man nicht kocht ist keine Küche, Herr,
    Wo keine Küche ist kein Koch. Das, seht Ihr?
    Wollt' ich dem Bischof sagen; und ich tu's,
    Ich tu's fürwahr, und säht Ihr noch so scheel.
    Pfui Schande über alle Knauserei!
    Erst schickten sie den Koch fort, nun, da meint' ich,
    Sie trauten mir so viel, und war schon stolz,
    Doch als ich anfing meine Kunst zu zeigen,
    Ist alles viel zu teuer, viel zu viel.
    Mit Nichts soll ich da kochen, wenn auch nichts.
    Nur gestern noch erhascht' ich ein Stück Wildbret,
    So köstlich als kein andres, um 'nen Spottpreis,
    Und freute mich im voraus, wie der Herr sich,
    Der Alte, Schwache, laben würde dran.
    Ja, prost die Mahlzeit! Mußt' ich's nicht verkaufen,
    An einen Sudelkoch verhandeln mit Verlust;
    Weil's viel zu teuer schien, gar viel zu kostbar.
    Nennt Ihr das Knauserei? wie, oder sonst?

    HAUSVERWALTER: 
    Man wird dich jagen, allzu lauter Bursch!


    LEON: 
    Mich jagen? Ei, erspart Euch nur die Müh'!

    Ich geh von selbst. Hier, meine Schürze, seht!
    Und hier mein Messer, das Euch erst erschreckt,
    (er wirft beides auf den Boden)
    So werf ich's hin und heb es nimmer auf.
    Sucht einen andern Koch für eure Fasten!

    Glaubt Ihr, für Geld hätt' ich dem Herrn gedient?
    Es gibt wohl andre Wege noch und beßre,
    Sich durchzuhelfen, für 'nen Kerl wie ich.
    Der König braucht Soldaten, und, mein Treu!
    Ein Schwert wär' nicht zu schwer für diese Hand.
    Doch sah ich Euern Bischof durch die Straßen
    Mit seinem weißen Bart und Lockenhaar,
    Das Haupt gebeugt von Alterslast,
    Und doch gehoben von – ich weiß nicht was,
    Doch von was Edlem, Hohem muß es sein;
    Die Augen aufgespannt, als säh' er Bilder
    Aus einem andern, unbekannten Land,
    Die allzugroß für also kleine Rahmen:
    Sah ich ihn so durch unsre Straßen ziehn,
    Da rief's in mir: dem mußt du dienen, dem,
    Und wär's als Stallbub. Also kam ich her.
    In diesem Haus, dacht' ich, wär' Gottesfrieden,
    Sonst alle Welt im Krieg. Nun da ich hier,
    Nun muß ich sehn, wie er das Brot sich abknappt,
    Als hätt' er sich zum Hungertod verdammt,
    Wie er die Bissen sich zum Munde zählt.
    Mag das mit ansehn, wer da will, ich nicht.

    HAUSVERWALTER:

    Was sorgst du mehr um ihn, als selbst er tut?
    Ist er nicht kräftig noch für seine Jahre?

    LEON: 
    Mag sein! Doch ist's was andres noch, was Tiefers.

    Ich weiß es manchmal deutlich anzugeben,
    Und wieder manchmal spukt's nur still und heimlich.
    Daß er ein Bild mir alles Großen war
    Und daß ich jetzt so einen schmutz'gen Flecken,
    Als Geiz ist, so 'nen hämisch garst'gen Klecks,
    Auf seiner Reinheit weißem Kleide seh,
    Und sehen muß, ich tu auch, was ich will;
    Das setzt mir alle Menschen fast herab,
    Mich selber, Euch; kurz alle, alle Welt,
    Für deren Besten ich so lang ihn hielt,
    Und quält mich, daß ich wahrlich nicht mehr kann.
    Kurz, ich geh fort, ich halt's nicht länger aus. 

     

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