''Gespielt wird in einem artifiziellen, symbolischen Raum von Johannes Schütz. Die Spielfläche ist weiß und umrandet, eine große Schachtel. Darin rollt am Ende die Totengräberin in einer Mischung aus Boule und Billard silberne Kugeln, Totenschädel als Spielkugeln, Menschen als Spielfiguren. Darüber hängt ein gigantisches Mobile, sich immer wieder zur einen oder anderen Seite neigend, wankend, sich drehend. An einem Ende eine leuchtende Kugel, ein Vollmond. Am anderen eine schwere, kupferfarbene Platte, leicht verspiegelt, immer fortgleitend, wie die Wahrheit. Die Sehnsucht am Bildschirm wächst, im Zuschauerraum sitzen zu dürfen, wo die Wirkung dieses Raums deutlich intensiver erlebbar sein muss.
Anhand der Aufzeichnung lässt sich zumindest sagen, dass Johan Simons einen Hamlet für Fortgeschrittene inszeniert hat, ein philosophisches Extrakt, eine Hamlet-Abstraktion, die sich komplett auf dessen moralische Wahrheitssuche konzentriert. Die Handlungszusammenhänge sollte man vorher kennen, auf der Bühne bleiben sie verkürzt oder werden nur angedeutet. Das Duell etwa zwischen Laertes und Hamlet findet nicht statt, sondern wird erzählt. König Claudius, Hamlets Mutter, die Figuren am Hof bleiben einseitige, in ihrer schlichten Korruption flache Figuren.
Doch Hamlets Ausweglosigkeit, seine verzweifelte Rebellion gegen die kaputte und schlechte Welt, die Sandra Hüller so menschlich spielt, wird zum großen Gegengewicht dieser Abstraktion. Zwei clowneske Totengräberinnen begleiten ihn, kommentieren sein Tun. "Er ist allein", heißt es immer wieder. Wenn die Spieler am Ende ihren Platz als Leichen auf dem Spielfeld einnehmen, ein jeder einsam in eine andere Ecke gedrückt, ist das ein großes Bild.'' schreibt Barbara Behrendt auf
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