Die beiden sehr unterschiedlichen Antiken-Überschreibungen aus Antwerpen haben gemeinsam, dass sie wie Hörspiele mit Kammermusik-Untermalung wirken und ihnen deutlich anzumerken ist, dass sie 2020 schon unter Corona-Abstandsregeln inszeniert wurden. Zu den Schostakowitsch-Streicher-Klängen des Danel Quartets tragen die beiden Solistinnen ihre Texte recht statisch und ohne größere szenische Einfälle vor. Das Wort steht im Mittelpunkt dieses Abends.
Der „Antigone in Molenbeek“-Text ist Milieustudie in dem Stadtteil von Brüssel, der traurige Berühmtheit erlangte, da Islamisten dort Attentäter rekrutierten, aber zugleich Erinnerungsarbeit an den verlorenen Bruder und fiebrige Odyssee der Protagonistin durch die Instanzen.
In der zweiten Hälfte des Gastspiels aus Antwerpen erzählt Kae Tempest vom Mythos des blinden Sehers
„Tireisias“, der nach Schlangenbissen vom Mann zur Frau wurde und sich wieder zurückverwandelte. In der niederländischen Übersetzung, die Katelijne Damen vorträgt, geht einiges von der vorwärtstreibenden Sprachgewalt des Originals verloren,
die Kae Tempest 2015 als Spoken Word Performance auf die Bühne des Londoner Royal Court Theatre brachte.
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