Edith Clevers Olga ist die ganze Last anzumerken, wie sehr sie unter der Monotonie und den Kopfschmerzen als Lehrerin am Gymnasium leidet. Jeder Satz ächzt unter bleierner Schwere. Gegenpol ist Corinna Kirchhoff in ihrer ersten großen Theaterrolle als Irina. Sie schwelgt in kindlich-naiver Begeisterung, malt sich aus, wie es denn sein wird, wenn sie endlich, endlich wieder in Moskau leben werden!
Minutenlang wirkt es, als sei sie gar nicht mehr da. Mascha scheint auf ihrer Couch oder in ihrer Ecke längst weggedämmert zu sein. Doch dann fährt sie wieder dazwischen. „Ihre Mascha war genervt und zickig, trug ihre elegante, schnippische Langeweile als eine Maske, hinter der sich eine ungeheure, gefährliche Lust am Zuschlagen verbarg“, schrieb Lothar Müller in seinem
Nachruf für die Süddeutsche Zeitung.
Vor allem in den ersten zwei Stunden zelebrieren Stein und seine Spieler*innen die Langsamkeit. Eine Geschichtsstunde ist dieser Stream aus dem Archiv, der eine vergangene Theaterwelt zeigt.
Das „schwebende Parlando“ des Schaubühnen-Tons, von dem Benjamin Henrichs in seiner ZEIT-Hymne zur Premiere 1984 schwärmte, ist museale Vergangenheit. Regisseur Peter Stein und seine langjährige Lebensgefährtin Jutta Lampe litten darunter, dass in einer rasant veränderten Theater-Landschaft für sie und ihren realistisch, psychologisch präzise gearbeiteten Stil kein Platz mehr zu sein schien.
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