''Nebelschwaden wabern über die Bühne. In der Mitte steht ein rundes Gerüst, das sich permanent im Kreis dreht. Die Figuren, die darauf sitzen, sind nicht zu erkennen. Sie blicken nach innen, wuseln hin und her, murmeln und schreien. In der Mitte stehen Musiker, die für eine düstere Soundkulisse sorgen, und ganz oben auf dem Gerüst thronen ein Engel im leuchtend weißen Kostüm und der Teufel ganz in Schwarz. Gut und Böse, Hell und Dunkel – das ist das Kraftfeld, in dem sich alles vollzieht. Wenn die Figuren sprechen, werden ihre Gesichter auf Bildschirme übertragen. Wir erkennen, dass sie wie Jesus-Jünger gekleidet sind. Auch die Frauen tragen grobes Leinen und Tücher über dem Kopf. Später tauchen auch Menschen in Uniformen und Krankenschwestern auf, doch die Symbolik wirkt über weite Strecken sehr religiös.
Dabei ist Religion eigentlich nicht das Thema. Die Gemeinschaft, die auf dem Gerüst zusammensitzt, hält Gericht – erst über Faust, dann über andere Leitbilder. Es geht um Jesus, Gott und die Sintflut und um die Frage, wie man sich am besten auf die Zukunft vorbereiten kann. Gedanklich stürzt einiges durcheinander, aber es blitzen auch Sätze auf, die sich festhaken: "Faust ist nur so lange ein Gewinn, solange wir nach Gewinnen trachten", zum Beispiel. "Wenn die Zeit kommt, da wir alles verlieren werden, wird auch Faust ein Verlust sein." – Faust wird also als Exponent des Kapitalismus betrachtet, als jemand, der sich die Natur untertan macht – mit all den negativen Folgen, die wir heute kennen.'' schreibt Oliver Kranz auf
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